Streik legt Deutschland lahmIn Lörrach kümmert es (fast) keinen
Für die Region Basel und das grenznahe Deutschland ist der Streik glimpflich verlaufen: Die Leute waren vorbereitet.

Seit Tagen wappneten sich die Leute in Deutschland für den grossen Warnstreik im Verkehrssektor der Gewerkschaft Verdi und der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) am Montag. Betroffen sind der Fern- und Regionalverkehr auf der Schiene, nahezu sämtliche deutschen Flughäfen, Wasserstrassen und Häfen sowie die Autobahngesellschaft. In den Schweizer Grenzregionen fragte man sich: Würden die angedrohten Autobahnblockaden ein Verkehrschaos auslösen? Fahren die grenzübergreifenden Züge, S-Bahnen und Busse?
In der Region Basel arbeiten Zehntausende Grenzgängerinnen und Grenzgänger. Am frühen Morgen ist im Badischen Bahnhof in Basel aber tote Hose. Normalerweise halten hier alle Fern- und Regionalzüge der Deutschen Bahn (DB) und der SBB zwischen Deutschland und der Schweiz – nicht so heute. Kein einziger Mensch steht auf den Perrons. Auf den Anzeigetafeln stehen überall dieselben Worte: «Streik der EVG – Kein Zugverkehr!» Ein Mitarbeiter sagt, es seien schon den ganzen Morgen nur vereinzelt Leute aufgetaucht – um einzukaufen.

Sind die Grenzgängerinnen und Grenzgänger aufs Auto umgestiegen? Beim Zwischenstopp am Zoll in Lörrach will ein deutscher Beamter aber kein grösseres Verkehrsaufkommen als üblich gesehen haben.
In Lörrach angekommen, ist der Grund dafür klar: Es sind Busse unterwegs. Die Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH selbst wird nicht direkt bestreikt. Zudem hat die SBB Deutschland, die die S-Bahn-Linien im Kreis Lörrach betreibt, ab Riehen bis Zell im Wiesental für Ersatzbusse für die S6 gesorgt. Da ein Stellwerk in Lörrach bestreikt wird, können die Züge des SBB-Tochterunternehmens nicht fahren.
Mit dem Postauto nach Lörrach
«Wir haben sieben Busse von regionalen Partnern organisiert, drei aus Deutschland, vier aus der Schweiz», sagt Daniel König, Leiter Markt der SBB Deutschland, auf Anfrage. Einige Schweizer Busse stechen an der Busstation beim Hauptbahnhof in Lörrach sofort ins Auge: Es sind die typisch gelben Postautos.

König zieht am Nachmittag eine positive Bilanz: «Viele Menschen wussten über den Streik Bescheid, am Hauptbahnhof in Lörrach verlief alles ruhig.» Man habe den 30-Minuten-Takt einhalten können. Er hofft, dass der Abendverkehr mindestens auf der S6 wieder normal verlaufen kann: «Angekündigt ist, dass das Stellwerk in Lörrach nur bis 18.15 Uhr bestreikt wird.»
Per Zoom im Unterricht
Königs Bilanz bestätigen auch Passantinnen und Passanten im Zentrum Lörrachs. «Mich hat dann einfach Mama mit dem Auto zur Schule gefahren», sagt die 16-jährige Leonie. Auf dem Weg habe es Stau gegeben – aber, wie auch die «Badische Zeitung» schreibt, nicht viel mehr als üblich. «An der Schule haben aber schon ein paar gefehlt.»
Auch Pietro berichtet von einem Kollegen, der es wegen des Streik nicht in die Schule schaffte: «Er hat dann einfach per Zoom mitgemacht.» Er selbst habe das Auto zur Arbeit genommen. Über den Streik hat sich der Handwerker nicht gross Gedanken gemacht, er würde den Streikenden aber eine Lohnerhöhung gönnen. Sein Arbeitskollege Benedikt ist hingegen sauer: «Das ist frech gegenüber unserem Berufszweig, wir mussten auch während Corona arbeiten.»
Die junge Mutter Sarah sieht es dann wieder ganz gelassen: «Ich habe mich auf den Streik vorbereitet und das Auto statt den Bus in die Stadt genommen.» Wobei sie sich aber schon den ÖV zurückwünscht: «Wegen der Parkplätze.»
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