In Bern beliebter als im Baselbiet
Eine Baselbieterin steht im Rennen um einen Bundesratssitz. Warum Elisabeth Schneider-Schneiter durchaus Doris Leuthard beerben könnte.

Mitunter hat Politik wenig mit Logik zu tun. So wurde nach Eveline Widmer-Schlumpfs Rücktritt aus dem Bundesrat ernsthaft über die Chancen von SVP-Nationalrat Thomas de Courten diskutiert, den vakanten Bundesratssitz in die Nordwestschweiz beziehungsweise ins Baselbiet zu holen. Schliesslich hatte man seit Emil Freys Rücktritt 1897 keinen mehr. In Tat und Wahrheit stand der frühere Wirtschaftsförderer innerhalb seiner Fraktion nicht zur Debatte. Jetzt, in Erwartung des Rücktritts von CVP-Bundesrätin Doris Leuthard – möglicherweise innerhalb der nächsten beiden Jahre – schweigt die offizielle Baselbieter Politik beharrlich zu den Chancen von CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter, während man sich in Bundesbern die Juristin aus Biel-Benken als Landesmutter durchaus vorstellen kann.
Darüber lässt zwar niemand der irgendwie Involvierten offiziell etwas verlauten. Man weiss: Wer sich zu früh bewegt, ist schnell weg vom Fenster. Nur, die Gerüchte um angeblich realistische Chancen der 52-jährigen CVP- Politikerin wollen einfach nicht verstummen. Und es weist einiges darauf hin, dass sie beim bundespolitischen Establishment eine wesentlich höhere Wertschätzung geniesst als in der Baselbieter Politszene.
Formel der richtigen Partei und dem richtigem Zeitpunkt
Die Gründe dafür sind schnell ausgemacht. Bei den Bürgerlichen, vor allem bei der SVP, wird sie das Image des «Fusions-Turbos» nicht mehr los. Und wer sich vor der unseligen Abstimmung von September 2014 als Fusionsbefürworter geoutet hat, wird fast automatisch in die linke Ecke gestellt. Bei der CVP-Wählerschaft sieht die Sache freilich ganz anders aus. Dort war Elisabeth Schneider immer populär, was unter anderem in ihrem persönlichen Wahlresultat vom Herbst 2015 zum Ausdruck kam. Auf der CVP-Liste erzielte sie nicht nur mit grossem Vorsprung das Spitzenresultat, sie vereinigte auch mehr Stimmen auf sich als der Zweitplatzierte Remo Franz – so etwas wie ihr interner Gegenkandi- dat – und der Drittplatzierte Alexander Imhof zusammen.
In Bern dagegen interessiert sich – ausserhalb der Nordwestschweizer Delegation – niemand für Baselbieter Fusions-Empfindlichkeiten. Dort gilt Elisabeth Schneider-Schneiter als lösungsorientierte Sachpolitikerin der politischen Mitte, die zudem auch hervorragend vernetzt ist. Ihre Nähe zu Bundesrätin Doris Leuthard ist bekannt, und als Vorstandsmitglied hat sie offenbar auch zu Parteipräsident Gerhard Pfister einen sehr guten Draht, wie einem ihrer jüngsten Tweets zu entnehmen ist. Dass sie Ende 2013 nach nur dreijähriger Ratszugehörigkeit bereits für das Fraktionspräsidium infrage kam, spricht ebenfalls für sich. Zudem erscheint sie auch als Vizepräsidentin der Aussenpolitischen Kommission (APK) gut positioniert für allfällige höhere Weihen, zumal sie den APK-Präsidenten Roland Rino Büchel (SVP, SG) an Bekanntheit längst überflügelt hat.
Sommaruga allein unter Männern
Damit allein wird freilich noch niemand Bundesrat oder Bundesrätin. Die Formel von der richtigen Partei, der richtigen Herkunft und vor allem dem richtigen Zeitpunkt hat eben schon etwas für sich. Wäre nämlich Doris Leuthard vor zwei Jahren zurückgetreten, dann wäre der Tessiner Ständerat Filippo Lombardi praktisch gesetzt gewesen. Mittlerweile sitzt aber mit Guy Parmelin ein dritter Romand in der Landesregierung, was die Situation für einen Tessiner nicht erleichtert.
Vor allem aber hat Filippo Lombardi diesen Frühling die Schwelle zu 60 überschritten. Er könnte somit bei Leuthards Rücktritt bereits zu alt sein. Und angeblich ist er sich dieses Handicaps auch bewusst.
Womit wieder alles auf die Deutschschweiz hinweist. Und offenbar will man – vor allem auf der linken Ratsseite – Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) nicht allein mit sechs Männern lassen. Dann aber ist die Auswahl bei der CVP plötzlich gar nicht mehr so gross. Jedenfalls sollte man unter diesen Umständen – auch im Baselbiet – die Bundesrats-Chancen von Elisabeth Schneider-Schneiter nicht unterschätzen.
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