In Basel nur der Grüss-August
Präsident ist in den Städten meist ein gefragter Prestige-Job. Nicht so in Basel. Das liegt an der Struktur des Amtes – aber auch an Guy Morin.

Mit dem 2006 eingeführten Präsidialdepartement wollte der Verfassungsrat dem Stadtkanton ein Gesicht geben, das über eine volle Amtsperiode Beziehungen aufbauen und pflegen kann. Zuvor hatten sich die sieben Departementschefs im Jahresturnus beim Präsidium abgewechselt, das sie nebenbei wahrnahmen.
Doch während heute etwa der Berner Alexander Tschäppät und auch die Zürcherin Corine Mauch ihre Städte im Gespräch halten und ihr Amt erstrebenswert erscheinen lassen, blieb am Rheinknie Gerangel aus: Bei der Wahlpremiere 2008 war der Arzt und ex-Grossrat Guy Morin (Grüne) einziger Kandidat, sodass er still gewählt wurde.
Eine Beschwerde dagegen blitzte zwar ab; dennoch wurde das Wahlverfahren inzwischen geändert. 2012 wurde Morin bestätigt; er schlug dabei den Freisinnigen Baschi Dürr. Nun hat Morin im Alter von 60 Jahren und nach zwei «Preesi«-Amtsperioden genug.
Grüss-August oder Stadt-Gesicht
Gegner hatten das Präsidiums-Amt immer als das eines kompetenzlosen Grüss-August verachtet. Morins Wirken hat sie seither nicht von dieser Einschätzung abgebracht. Der Freisinnige Max Pusterla, damals fünfter Verfassungsrats-Präsident, sieht im Gespräch jedenfalls positive Erwartungen «sicher nicht erfüllt».
Verglichen mit markanten Köpfen anderer «Stapi» sei Morin blass geblieben. Das liege zum einen an seiner Person, zum anderen aber auch an der Struktur: Die damalige Regierung habe nach der Annahme der Verfassung ihre Dossiers selber neu sortiert und dabei Morins Präsidialdepartement nur gerade die Kultur und Planungsaufgaben zugeteilt. Die anderen wollten ihre Gärtchen nicht hergeben.
Diese Regierungsreform sei alleiniger Entscheid der Exekutive gewesen; der Verfassungsrat hätte sich laut Pusterla auch anderes vorstellen können. So hätte man etwa Service Public-Dossiers wie die - inzwischen ausgelagerten - Basler Verkehrs-Betriebe dem Präsidialdepartement zuordnen können.
Kein Mangel an Hausaufgaben
Heute noch voll hinter dem vierjährigen Präsidium steht der frühere CVP-Verfassungsrat Stefan Breitenmoser, Europarechtsprofessor an der Uni Basel und Richter am Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen: Angesichts zunehmend wichtiger aktueller und grenzüberschreitender Fragen etwa zum Flughafen, den Rheinhäfen oder dem Elsässer AKW Fessenheim, aber auch im Verhältnis mit den angrenzenden Kantonen sowie den Bundesbehörden in Bern, könnte und sollte in seinen Augen das Stadtpräsidium zahlreiche wichtige und dringende Aufgaben verstärkt wahrnehmen und initiieren.
Das Präsidium ist für Breitenmoser sogar «eine der wenigen Chancen, den Kanton aus seiner Lethargie herauszuholen». Heute seien das Amt und dessen Bedeutung für die vernetzte Zukunft des Stadtkantons kaum sichtbar und für starke und innovative Regierungspersönlichkeiten wenig attraktiv.
Dabei hätte der Kanton gemäss der Bundesverfassung sehr wohl weitreichende Kompetenzen, selber mit dem Ausland zu kooperieren und - in Absprache mit Bern - durchaus auch eigenständig Verhandlungen zu führen. Ein Stadt- und Kantonspräsident hätte diesbezüglich vielfältige Möglichkeiten, sagt Breitenmoser.
Koordinator Morin
Morin selber sagt zur Nachrichtenagentur sda, in seinen zwölf Regierungsjahren - die ersten vier als Justizminister - sei die Basler Exekutive nach aussen «sehr einheitlich» aufgetreten. Einzig zum Ausländerstimmrecht seien Statements kontrovers ausgefallen. Ob das am Präsidialdepartement liegt, sei für ihn allerdings offen.
Intern hingegen seien die Departemente autonom geblieben; da habe präsidiale Koordination trotz klarerer Struktur eben Grenzen. Diesen Teil seiner Tätigkeit - praktiziert etwa mit SMS an Exekutivkollegen - sehe man aussen halt nicht; er sei aber «relativ aufwändig».
In der Schweiz sei Basels Erkennbarkeit in diversen Gremien besser geworden, schätzt Morin. Das Präsidialdepartement koordiniere zudem das intensivierte Lobbying in Bundesbern - übrigens mitunter auch für Baselbieter Interessen.
Dürrs zweiter Anlauf
Im Ausland werde der Präsidialdepartements-Vorsteher derweil als eine Art Oberbürgermeister wahrgenommen. Das neue Amt hat laut Morin so ab mittlerer Distanz den Kontakt vereinfacht, während die direkten Nachbarn im Elsass und Südbaden ohnehin wüssten, an wen sie sich in Basel jeweils wenden müssen.
Für Basler Polit-Köpfe macht das alles das Amt jedoch offenbar nicht attraktiver: Diesmal ist zwar die Auswahl breiter, aber politische Schwergewichte drängen sich erneut kaum vor. Einzig Dürr bewirbt sich - diesmal vom Chefsessel des Justiz- und Sicherheitsdepartementes aus - erneut für das Präsidium.
Grösste Konkurrentin Dürrs ist die Grüne Grossrätin Elisabeth Ackermann: Die letztjährige Grossrats-Präsidentin will den Exekutivsitz ihres Parteikollegen Morin erben und damit die rotgrüne Regierungsmehrheit erhalten. Für die Grünliberalen tritt ferner Grossrätin Martina Bernasconi an.
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