Schweizweit existieren nur fünfIn Basel gibt es jetzt einen
Brot-Sommelier
Wie luftig ist es? Wie schmeckt es? Und zu was passt es? Bäckermeister Jürgen Mielke weiss um die Eigenheiten der 300 Arten von Schweizer Brot – und hat auch gleich ein paar Tipps parat.

Er schnüffelt am Wein, schwenkt und schmeckt ihn und beäugt ihn auch mal mit Argusaugen – womöglich trägt er Fliege und Anzug. Auf jeden Fall stellt man sich so den stereotypischen Sommelier, meist im gehobenen Restaurant, vor. Seine Aufgabe: den Gästen den Wein zu empfehlen, der am besten zu ihrem Essen passt. Genau das macht auch Jürgen Mielke – mit einem gewichtigen Unterschied: Statt Wein beäugt, schmeckt und analysiert der Bäckermeister von Sutter Begg Brot. Denn Mielke ist der erste Brot-Sommelier Basels und erst der fünfte schweizweit.
Konkret heisst das: Mielke weiss, welches Brot am besten zu welchem Lebensmittel, Getränk oder Gericht passt, und gibt seinen Kunden und Kundinnen diesbezüglich Tipps.
«Ich beurteile das Brot anhand von mehreren Faktoren», so der 52-Jährige, der aus dem deutschen Heilbronn stammt und seit 22 Jahren beim Sutter Begg arbeitet. «Wichtig ist sicher die Sensorik, also wie das Brot schmeckt und riecht. Auch das Bestimmen der Qualität oder des sogenannten Food-Pairing, also womit man das Brot am besten kombiniert und wie so das Aroma beeinflusst werden kann, sind wichtige Aufgaben eines Brot-Sommeliers.»
Hinter den Kulissen
Seit Ende letzten Jahres verfügt Jürgen Mielke über die Ausbildung. Und ab jetzt soll sie auch bei seinem Arbeitgeber, dem Sutter Begg, zum Tragen kommen.
Zum Zug kommt der Brotprofi jedoch eher hinter den Kulissen, nicht direkt hinter dem Bäckereitresen: zum Beispiel in Gesprächen mit Restaurants, bei Hamburger-Food-Trucks oder im Altersheim, wo er Brot auch in Bezug auf den gesundheitlichen Aspekt hin empfiehlt, wie es bei Sutter Begg heisst. «Aber auch intern werde ich bei Produktentwicklungen, zum Beispiel bei der Mehlzusammenstellung, weiterhelfen», so Jürgen Mielke.
Die Ausbildung zum Brot-Sommelier gibt es in der Schweiz noch nicht sehr lang. Gemäss Katharina Barmettler-Sutter, CEO von Sutter Begg, eignet sich auch nicht jeder für die Weiterbildung: «Es werden hohe Qualifikationen verlangt.» So muss man einen Bäckermeisterabschluss oder einen vergleichbaren Abschluss in der Lebensmittelbranche mitbringen.
Eine Marktlücke geortet
Doch wozu das Ganze – wozu braucht Sutter Begg einen Brot-Sommelier? Offenbar ortet die Basler Bäckerei-Kette hier eine Marktlücke: «In der Gastronomie hat das Brot an Bedeutung gewonnen», sagt Katharina Barmettler-Sutter. «Brot ist aromatisch extrem vielfältig. Wir möchten unsere Gastrokundinnen und -kunden professionell beraten, um deren Angebote mit Brot optimieren zu können.»
Obwohl es in der Schweiz keine offizielle Liste von anerkannten Brotsorten gibt, schätzt Jürgen Mielke die Zahl der verschiedenen Arten auf gut 300. «Da gibt es zum einen die regionalen und kantonalen Brotspezialitäten wie Basler Brot oder Walliser Roggenbrot. Zum anderen unterscheiden sich eine Vielzahl von Broten in Bezug auf die unterschiedlichen Mehle, die Teigführung und die Backzeit oder die Zutaten wie Butter, Nüsse oder Früchte.»
Welches Brot passt zum Espresso?
In seiner Abschlussarbeit zum Brot-Sommelier hat sich Mielke besonders auf die Kombination von Kaffee und Brot konzentriert. So hat er diesbezüglich auch gleich ein paar Tipps zur Hand: «Besonders schön zum morgendlichen Café crème ist zum Beispiel ein Basler Ruchbrot.» Zusammen ergebe sich daraus ein nussiger Effekt. «Für den Espresso empfehle ich hingegen ein Sauerteigbrot.» Das sei eine besonders interessante Kombination, denn: «Obwohl beide Aromen ein wenig ins Bittere laufen, balanciert sich der Geschmack zusammen aus.»
Und was passt gar nicht zusammen?
Der Bäckermeister mit dem sensibilisierten Geschmackssinn überlegt kurz, dann sagt er: «Roggenvollkornbrot mit Café crème – das Brot schmeckt damit schon fast seifig und der Kaffee verwässert.» Doch er wäre kein Sommelier, wenn er nicht auch hier eine Empfehlung hätte: «Mit Blumenhonig oder einem anderen süsslichen Belag mit Butter würde sich der Geschmack wieder ausgleichen lassen.»
«Los Emol» – der Podcast der «Basler Zeitung»
«Los Emol» beleuchtet Themen, die Basel bewegen. Moderiert von René Häfliger. Abonnieren Sie den Podcast über Apple Podcasts, Google Podcasts, Spotify oder jede gängige Podcast-App.
Fehler gefunden?Jetzt melden.