Wegen PensionierungIm Restaurant China King riecht es nach Abschied
22 Jahre lang zog das beliebte Lokal an der Centralbahnstrasse Gäste an. Sogar der britische Popmusiker Elton John ass hier einmal. Jetzt sagt das Besitzer-Ehepaar Adieu.

Eine kleine Zeitreise nach China – für unzählige Menschen aus der Region pflegte sie in den vergangenen 22 Jahren beim Bahnhof Basel SBB zu beginnen. Dort gibt es zwar keine Direktverbindungen nach Peking, weder per Zug noch per Flixbus, aber es gab ein chinesisches Restaurant: an der Centralbahnstrasse 5, neben der Medix-Toujours-Arztpraxis.
Gäste, die dort ihr Mittag- oder Nachtessen einnahmen, mussten nicht in der chinesischen Währung bezahlen, und sie konnten ihre Bestellung auf Baseldeutsch aufgeben. Zumindest in kulinarischer Hinsicht aber durften sie sich einen Moment lang fühlen, als befänden sie sich tatsächlich im Reich der Mitte. Auf dem Menüplan standen unter anderem Rindfleisch Szechuan, Fried Rice, Frühlingsrollen oder Chicken Sweet Sour. Die Mahlzeiten wurden stets frisch zubereitet. Den Reis erhielt man in kleinen, blau verzierten Porzellanschälchen serviert.
Zum Essen gab es Stäbchen (für weniger Geübte standen natürlich auch Messer und Gabel zur Verfügung). An einer Wand hing eine rot-goldene Tafel mit chinesischen Schriftzeichen, die dem Lokal den stolzen Namen gaben: China King.
Schlange bis aufs Trottoir
Die Geschichte des China King spielt in der Vergangenheitsform. Denn seit ein paar Tagen ist Schluss. Aus. Vorbei. «Liebe Gäste», schreiben die Inhaber auf ihrer Website, «alles hat ein Ende. Infolge Pensionierung schliesst das Restaurant. Für Ihre Treue möchten wir uns herzlich bedanken. Ihre Familie Tran-Tieu.»
Wer dieser Tage am China King vorbeispaziert, sieht einen Schriftzug am Fenster des Lokals: «Inventar-Verkauf vom 2. bis 7. Mai». Wir pochen an die geschlossene Schiebetür. Hier standen die Kunden vor allem über Mittag manchmal bis aufs Trottoir hinaus Schlange. Wenn sich die Tür dann öffnete, lief einem sogleich das Wasser im Mund zusammen: Es roch nach asiatischer Küche, nach gebratenem Reis und Sojasauce.
Jetzt öffnet uns Frau Tran-Tieu, und es riecht nach Abschied. Tische, Stühle und Servierwagen aus Edelstahl sind in einer Ecke aufgetürmt. Teller, Gläser, Schüsseln, Küchengeräte stapeln sich. Das meiste Mobiliar ist schon verkauft. Herr Tran ist gerade dabei, einen Zapfhahn an der ehemaligen Theke zu demontieren. Das Ehepaar hat chinesische Wurzeln. Es lebte später in Vietnam und flüchtete nach dem Krieg 1979 in die Schweiz. Ab 1987 eröffnete es in Münchenstein ein erstes und später noch ein zweites China-Restaurant, bevor es im Jahr 2000 mit dem China King startete.
Corona ist nicht schuld
«Das Restaurant war wie unser zweites Zuhause», sagt Frau Tran. «Wir kamen morgens als Erste und gingen spätabends als Letzte. Aber wir sind nun beide 66 Jahre alt und möchten es etwas ruhiger angehen.» Sie sagt, viele Gäste hätten in den letzten Wochen besorgt gefragt, ob das China King Konkurs gemacht habe oder ob es Corona-bedingt schliessen müsse. Das sei aber überhaupt nicht der Fall. Das Ehepaar macht dicht, weil es im Pensionsalter steht und ein Leben in der Gastronomiebranche schlicht und einfach kräftezehrend ist. «Wir mögen nicht mehr so Hand anlegen wie früher», sagt Frau Tran, obwohl sie noch sehr vital wirkt.
Ihre Tochter, die den Eltern derzeit beim Erledigen des Papierkrams hilft, der mit der Schliessung verbunden ist, sagt, die Eltern hätten das Restaurant mit Herzblut geführt. Der Vater arbeitete an der Kasse, während die Mutter an der Theke bediente. Die Trans und ihre Kunden wurden fast zu einer Art Familie. Es durfte auf viele Stammgäste zählen. Einmal habe sogar der britische Popmusiker Elton John das Restaurant besucht, erzählt die Tochter.
Schöne Erinnerungen. Jetzt geht ein neues Kapitel auf. Statt selber zu kochen, möchten Herr und Frau Tran die Rollen wechseln und in den nächsten Jahren Restaurants in der ganzen Schweiz besuchen. Am 30. Juni geben sie das Lokal definitiv in andere Hände.
Wer neu an der Centralbahnstrasse 5 einziehen wird, verraten sie noch nicht. Ein Restaurant werde es aber nicht sein. Ihre Kinder mögen das Geschäft nicht weiterführen. Das China King ist jetzt Geschichte. Es war eine Erfolgsgeschichte, wäre zum Schluss noch anzufügen.
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