EM der Frauen: England ist EuropameisterUnd dann gibt es im Wembley kein Halten mehr
Nach 120 Minuten vor der Rekordkulisse im Wembley gewinnt England 2:1 gegen Deutschland. Es ist der erste Titel für das englische Nationalteam der Frauen.

Da steht Chloe Kelly an der Seitenlinie und fordert das Publikum auf, das englische Nationalteam noch einmal anzufeuern. Es läuft bereits die 110. Minute in diesem Finalspiel zwischen England und Deutschland. Bei der folgenden Ecke fällt der Ball vor Kellys Füsse und die 24-jährige Stürmerin schiesst ihn aus kurzer Distanz ins Tor. England führt – wieder.
Die Torschützin entledigt sich ihres Trikots und schwenkt es beim Jubel über ihrem Kopf durch die Luft. Nun braucht das Publikum keinen Aufruf mehr, ein grosser Teil der 87’192 Zuschauerinnen und Zuschauer im Londoner Wembleystadion bricht in Jubel aus. Der erste Titelgewinn für Englands Nationalteam der Frauen ist zum Greifen nah.
Und diesen Titel lässt sich das Team von Trainerin Sarina Wiegman nicht mehr nehmen. England setzt sich nach Verlängerung 2:1 durch. Ein Jahr nach der Finalniederlage der Männer an selber Stelle ist England also doch noch Europameister. «Es ist einmalig. Aus sowas sind Träume gemacht. Für ein kleines Mädchen, das früher Fussball der Frauen geschaut hat, ist das unglaublich», sagte Matchwinnerin Kelly. Doch der Weg zum Sieg war in einer ausgeglichenen Partie kein leichter.
Das Spiel hatte noch nicht einmal begonnen, da erlitten die Deutschen bereits den ersten Rückschlag. Alexandra Popp, mit sechs Toren die beste Torschützin des Teams, hatte sich beim Aufwärmen verletzt und musste kurzfristig ersetzt werden. Es ist gut möglich, dass die Partie mit Popps Präsenz im englischen Strafraum anders gelaufen wäre. So gelingt es der deutschen Offensive aber lange nicht, die englische Torhüterin Mary Earps ernsthaft zu gefährden. Doch auch England kommt in der ersten Halbzeit kaum zu Chancen. Harte Zweikämpfe und starke Defensiven stehen zunächst im Vordergrund.
England jubelt vor Rekordkulisse
Dann stimmt für einmal aber die Abstimmung in der deutschen Verteidigung nicht und das nutzen die Engländerinnen gnadenlos aus. Keira Walsh lanciert Ella Toone in der 62. Minute mit einem weiten Ball und die 22-jährige Stürmerin lupft den Ball gefühlvoll über die herausstürmende Merle Frohms – 1:0. Ein erstes Mal wird es im ausverkauften Wembley so richtig laut. Noch nie verfolgten so viele Menschen ein EM-Spiel live im Stadion – weder bei den Frauen, noch bei den Männern.
Die Freude des grösstenteils englischen Publikums wird wenig später aber noch einmal gedämpft. Lina Magull, die mit Abstand auffälligste Akteurin bei den Deutschen, schliesst in der 79. Minute einen schönen Angriff ab und erzielt den Ausgleich. In der Folge passiert dann erst einmal wenig, das Spiel geht in die Verlängerung.
Dort zeigen die Engländerinnen, vielleicht auch beflügelt von der Kulisse, dass sie selbst nach 90 kraftraubenden Minuten noch genug Energie haben, um weiter anzugreifen. Dennoch fehlen die zwingenden Chancen. Bis zu dieser 110. Minute, in der Kelly dann für die Entscheidung sorgt und es im Wembley kein Halten mehr gibt.
Die «Lionesses» sind die verdienten Siegerinnen dieses Turniers. Sie waren das beste Team an der EM im eigenen Land. Seit die Niederländerin Wiegman das Team im letzten Sommer übernommen hat, hat England keines der 20 Spiele verloren. Der Finalsieg war der 18. Erfolg unter Wiegman, das Torverhältnis steht nun bei 106:5. Dies ist auch das Verdienst der Trainerin, die nach dem EM-Titel mit ihrem Heimatland vor fünf Jahren nun auch in England als Heldin gefeiert wird.
Die Deutschen hingegen haderten vor allem mit einer Szene. In der 26. Minute, noch beim Stand von 0:0, wurde es im englischen Strafraum unübersichtlich. Marina Hegering verpasste es nach einer Ecke, den Ball im Tor unterzubringen. Doch war der Ball Englands Kapitänin Leah Williamson an die Hand gesprungen. Für Voss-Tecklenburg ist klar: «Handspiel. Das muss man sehen», sagt sie nach dem Spiel. Die ukrainische Schiedsrichterin Kateryna Monsul liess aber weiterspielen und auch der Videoassistent griff nicht ein. So bleibt Deutschland in dieser Szene wie im Spiel das Nachsehen.
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