Das Leben einer StrassenmusikerinIhr Publikum sind die Passanten
Auftritte mal hie und mal da. Meistens irgendwo in einer Innenstadt – wenn es das Wetter zulässt – und mit schwankenden Einnahmen. Laura Silverstone lebt von ihrer Musik.

Der aktuelle Arbeitsplatz von Laura Silverstone ist die Freie Strasse in Basel. Ihr aktueller Wohnort ist ihr umgebauter VW-Bus, den sie in einem Vorort von Basel parkiert hat. Wir verraten besser nicht wo genau, sonst kommt wieder die Polizei.
Laura Silverstone ist Strassenmusikerin. Ihr Daheim ist Edinburgh in Schottland. Doch seit ein paar Wochen ist sie wieder auf Tour. Sie war – als grosser Fan – an den beiden Bruce-Springsteen-Konzerten Ende April in Barcelona; ganz vorne selbstverständlich. Jetzt ist sie in Basel, und ihre Europareise soll sie bis nach Norwegen führen.
Dass sie Springsteen liebt, hört man bei ihren Auftritten auf der Strasse. Egal ob sie «Dancing in the Dark», «Racing in the Street» oder andere Songs von ihm spielt. Ein Konzert des US-Rockstars war auch der Grund, weshalb sie Ende Juli 2016 nach Zürich kam. Beim Konzert im Letzigrund lernte sie einen anderen Fan kennen, kam bei ihm unter – und verbrachte in der Folge fünf Monate als Köchin in einem Zürcher Irish Pub.
Als Strassenmusikerin auf Tournee ging sie ein Jahr später zum ersten Mal. Eines ihrer eigenen neuen Lieder «Travelling» erzählt davon. Es geht um die Liebe. Denn eine Beziehung zu führen, wenn man ständig unterwegs ist, geht fast nicht. «Möglich ist es nur, wenn man mit jemandem zusammen ist, der auch so lebt», sagt Laura Silverstone. «Nur suchen Männer, die ständig unterwegs sind, keine feste Beziehung. Deshalb sind sie ja unterwegs…»
Sie sagt, es sei eine der negativen Seiten ihres Lebens, das Alleinsein. So wie die ständige Angst, von der Polizei behelligt zu werden. Doch wenn man als Frau allein in einem Campingbus irgendwo wild Station macht, ist man da nicht froh, wenn die Polizei gelegentlich vorbeischaut? Laura Silverstone verneint. «Sie kommen ja immer nachts. Leuchten meinen VW-Bus aus, stören mich.»
Und Sicherheit unterwegs generell? «In Zentraleuropa – Luxemburg, Deutschland, Schweiz – fühle ich mich sicher. Schon in Frankreich bin ich vorsichtiger. Ich wechsle meinen Standort öfter, bleibe nie länger als einen oder zwei Tage am selben Ort.»
Die Gesetzeshüter behelligen sie auch tagsüber, wenn sie in den Strassen von Basel zu lange am selben Ort spielt. «Die letzten Polizisten, mit denen ich zu tun hatte, haben zuerst zu meiner Musik getanzt – und mich danach vertrieben.» Schicksal einer Strassenmusikerin.
Zuerst das Akkordeon
Die Faszination für die Musik begann bei Laura Silverstone schon früh. Sie stammt aus dem Baskenland, heisst auch nicht wirklich Silverstone und lernte im Alter von fünf Jahren Akkordeon spielen. «Mit 12 hörte ich auf und wechselte zur Gitarre.» Vermutlich ist es ein Vorteil, wenn man schon ein Instrument beherrscht, auf ein anderes zu wechseln, oder? «Ja, aber es ist bei der Musik immer so: Man muss wissen, was man tut, wenn man spielt. Aber vor allem muss man spielen.»
Weil ihr Herz für die Musik schlägt, zog sie 2013 von Nordspanien nach England. «Für eine Musikerin ist Grossbritannien eben ein guter Boden.» London sei ihr allerdings zu gross gewesen. Und zu wenig grün. So wählte sie Manchester und wechselte von dort schon bald nach Schottland.
Mit dem Geld, das sie als Köchin in jenem Irish Pub in Zürich verdiente, leistete sich Laura Silverstone ihre erste Plattenaufnahme. Der ein Live-Album folgte. In der Schweiz verdient sie an einem guten Tag – wenn das Wetter stimmt und die Resonanz beim Publikum auch – mehrere Hundert Franken. «Am Mittwoch hatte ich meinen schlechtesten Tag ever», sagt die 27-Jährige. Nur 25 Franken lagen am Schluss in ihrem Gitarrenkoffer. 150 sei vorher in der Schweiz ihr Minimum gewesen.
Womit wir wieder bei Norwegen sind. Dem Ende der geplanten Tour. Dort – und in Schweden – sei Bargeld ziemlich out. «Alle twinten, habe ich gehört. Für mich keine gute Ausgangslage.» Der Norden Europas bleibt trotzdem ihr Ziel. «Letzten September wollte ich mit meinem damaligen Freund eine Tour durch Norwegen machen. Es war alles geplant. Und dann hat er eine Woche vorher mit mir Schluss gemacht. Ich sass todtraurig mutterseelenallein in Basel.»
Trotzdem ist sie mit guten Gefühlen hierher zurückgekehrt, um ausgerechnet ihren ersten Auftritt an einer Hochzeit zu haben. (Es war die Hochzeit des Autors.)
Unmittelbar vor dem Gespräch mit Laura Silverstone in einem Café beim Barfüsserplatz erreichte sie ein Anruf aus Spanien. Sie muss im Juni nach Madrid. Weil sie bei «Spanien sucht den Superstar» mitmachen wird. Wird der Traum von der grossen Karriere wahr? «Ich weiss gar nicht, ob ich die möchte. Ein bisschen bekannt werden schon, Anerkennung, geschätzt werden, ja, aber Weltruhm? Lieber nicht, der macht nur einsam.»
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