«Ich glaube nicht, dass Liu einem Leben im Exil zustimmen würde»
Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo werde wohl noch viele Jahre in Haft bleiben, glaubt der befreundete Dissident Bei Ling. Doch er gibt sich zuversichtlich: China werde sich ändern müssen – auch wegen Wikileaks.
Der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Menschenrechtler Liu Xiaobo wird nach Einschätzung des chinesischen Dissidenten Bei Ling noch lange Zeit in Haft verbringen müssen. Es werde wohl vier, fünf Jahre dauern, bis Liu auf freien Fuss komme, sagte der im Exil lebende Bei der Nachrichtenagentur dapd. Bei ist seit vielen Jahren mit Liu befreundet und hat eine Biografie über dessen Leben geschrieben. Sie erscheint am Freitag in deutscher Sprache.
Die Verleihung des Friedensnobelpreises wird am Freitag aller Voraussicht nach ohne Liu und seine Angehörigen stattfinden. China lässt den inhaftierten Preisträger nicht nach Oslo ausreisen, seine Frau Liu Xia steht unter Hausarrest. Liu wurde im Dezember 2009 zu elf Jahren Haft verurteilt. Ihm wird vorgeworfen, die Staatsgewalt untergraben zu haben.
Menschen in China werden mutiger
Bei sagte, China sei jetzt noch nicht bereit, Liu freizulassen. Aber die Regierung könne ihn auch keine zehn Jahre mehr gefangen halten. Schon jetzt habe die Vergabe des Nobelpreises die chinesischen Machthaber verunsichert. Man spüre auch, wie sich die Stimmung im Land verändere: Immer mehr Menschen trauten sich jetzt, für den Menschenrechtskämpfer Partei zu ergreifen.
Bei selbst war im Jahr 2000 von der chinesischen Regierung für die Veröffentlichung regimekritischer Literatur inhaftiert worden. Seine Freilassung ging einher mit dem Einverständnis, nach Amerika auszuwandern. «Ich glaube nicht, dass Liu je einem Leben im Exil zustimmen würde», sagte Bei.
Für sich selbst sieht Bei nur geringe Chancen, in naher Zukunft in seine Heimat zurückkehren zu können. Der Chinese lebt seit seiner Verbannung aus China in den USA und Taiwan. Erst im vergangenen Monat hätten ihn die chinesischen Behörden auf der Durchreise nach Taiwan bis nach Deutschland zurückgeschickt, sagte Bei. Von dort habe er dann auf einem anderen Weg nach Hause fliegen müssen.
Unterstützung für Wikileaks
Man könne sich nicht vorstellen, was Regierungen, nicht nur die chinesische, alles unter den Tisch kehrten, sagte Bei. Deswegen freue er sich über eine Organisation wie Wikileaks, die geheime Dokumente publik mache, auch wenn das einigen Leuten nicht gefalle. «Alles muss rauskommen», sagte Bei.
China vergab derweil eine eigene Auszeichnung: Mit dem Konfuzius-Preis wurde am Donnerstag in Peking der frühere taiwanische Vizepräsident Lien Chan für seine Bemühungen geehrt, Frieden zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland zu schaffen. Der mit 100'000 Yuan (14'800 Franken) dotierte Preis solle den «chinesischen Blick» auf den Frieden verdeutlichen, erklärten die Organisatoren. Lien sei aus acht Nominierten ausgewählt worden.
Zeitgleich mit der Nobelpreis-Verleihung in Norwegen erscheint am Freitag die von Bei verfasste Biografie «Der Freiheit geopfert» über Liu in deutscher Sprache (Riva Verlag). Bei, der mit Liu gemeinsam den PEN-Club unabhängiger Schriftsteller in China gründete, zeigt darin, was sich für ein Mensch hinter dem Bürgerrechtler verbirgt.
Die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek erklärte nach Verlagsangaben, in diesem Buch gehe es neben politischen Handlungen auch um Selbstzweifel und Schuldgefühle, Sturheit und Ehrgeiz. Bei «zeichnet ein Bild mit vielen Facetten, wie es nur ein Freund kann.»
dapd/miw
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch