«I got the Power», Agathe Bauer!
«Du blöde Sau» sang Michael Jackson und «Scheiss drauf» Enya - oder hat sich da jemand verhört? Das Phänomen des Songverhörers wird heute im Internet rege diskutiert.
Songverhörer werden auch «Agathe Bauer»-Songs genannt, abgeleitet von der Verballhornung des Satzes «I got the power». Mit «Anneliese Braun» («All the leaves are brown» aus «California Dream») hat eine weitere Deutsche gleichsam einen eigenen englischen Song.
Das Phänomen entsteht dadurch, dass fremdsprachige Worte oder Sätze, die nicht verstanden werden, in der eigenen Sprache nachgebildet werden. So singt denn Chris Norman in «Midnight Lady» «Oma fiel ins Klo» («All my feelings grow») und Michael Jackson in «Give in to me» «Quetsch meine Eier» (»Quench my desire»).
Paul Mc Cartneys «Hope of deliverance» wird zu «Hau auf die Leberwurst», Enyas «shines down» zu «scheiss drauf» und Jacksons «the word is out» zu «Du blöde Sau». Die Sau ist überhaupt sehr beliebt bei Verhörern. So singen etwa Kings of Leon angeblich «Dumme Sau» (»Don't make a sound»).
Es ist nicht alles Schwein was saut
Die weite Verbreitung des Ausdrucks «Sau» im Deutschen - saumässig, saustark, saugeil, unter aller Sau und so weiter - beruht im übrigen zum Teil auch auf einem Verhörer: das jiddische «seo» (Massstab) wurde von Deutschen als «sau» verstanden und so bekam das Wort neben der Bedeutung «Schwein» noch eine zweite, positive. Auch die Stadt Winterthur verdankt ihren Namen so einer Umdeutung. Weil die Schweizer das lateinische «Vitodurum» (die Stadt des Vitus) nicht mehr verstanden, deuteten sie es um mit Worten, die sie kannten, nämlich die Jahreszeit Winter und der Fluss Thur.
Die deutsche Sprache kennt viele solcher kreativen Verhörer, in der Fachsprache «volksetymologische Umdeutung» genannt: Aus dem ungarischen «talpas» (Spitzname für Fusssoldaten) beispielsweise wurde «Tollpatsch» (von «toll» im Sinne von verrückt). Aus dem haitianischen «hamaka» wurde die «Hängematte» und aus der französischen «pomme de sine» (Apfel aus China) die «Apfelsine» (Orange). Das Phänomen existiert in allen Sprachen. So haben etwa die Engländer das französische «m'aidez» (»helft mir») in «Mayday» übertragen.
Lady Mondegreen und die freche Britney
Wird ein fremdsprachiges Wort in die eigene umgedeutet, lautet der Fachbegriff auch «Soramimi», japanisch für «leeres Ohr». Verhört man sich hingegen in der eigenen Sprache, nennt man das «Mondegreen». Den Ausdruck erfand die amerikanische Autorin Sylvia Wright in den 50er Jahren. Sie hatte als Kind die Balladenzeile «laid him on the green» als «Lady Mondegreen» verstanden.
Weitere solche Beispiele aus englischen Songs sind etwa «I want a grapefruit» (schweizerdeutsch ausgesprochen «greppfrui») statt «I want to get free» oder «I want to fuck you sober» statt «I want to talk this over». Gelegentlich werden Mondegreens auch gezielt eingesetzt. So singt etwa Britney Spears «If you Seek Amy», was der Amerikaner auch als «F.U.C.K. me» verstehen kann.
SDA
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