Gegen Eier- und FleischproduktionHühnerstall-Besetzung soll politisches und finanzielles Nachspiel haben
Rund 35 junge Menschen haben sich im Hühnerstall und bei der Hofeinfahrt von Landwirt Martin Degen in Eptingen angekettet.

Tierschutzaktivistinnen und -aktivisten der Vereinigung 1individuum sowie Vertreter von Animal Rights sind am Samstagmorgen gegen 5 Uhr in einen Hühnerstall einer Freiland-Eierfarm in Eptingen eingedrungen. Sie haben ihn besetzt und sich dort angekettet. Der Eierproduzentenverband Gallo Suisse kritisiert die «illegale Aktion». Der betroffene Landwirt Martin Degen sagt gegenüber der BaZ: «Meine Tiere sind durch die Aktion gestresst worden, ich habe Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs eingereicht.»
Die Baselbieter Polizei bestätigt, dass sie kurz nach 6 Uhr aufgeboten worden sei. Sprecher Paul Steffen spricht von einer grundsätzlich friedlichen Aktion. Die Aktivisten hätten sich nach 14 Uhr aus dem Stall begleiten lassen, nachdem sie die mediale Aufmerksamkeit erhalten hatten und ein Gespräch mit dem Präsidenten des Eierproduzentenverbands Gallo Suisse führen konnten. Letzterer war vom Landwirt aufgeboten worden und hatte sich am frühen Nachmittag mit der Baselbieter Kantonstierärztin auch an den Ort des Geschehens begeben. «Wir wussten, dass etwas in der Nordwestschweiz im Busch ist. Jetzt haben sie meinen Hof ausgesucht», sagt Degen. Es sei keine persönliche Kritik an seiner Hühnerhaltung gewesen, sondern eine grundsätzliche Kritik am System – gegen das Halten von Nutztieren.
Stress unter den Hühnern
Die Vereinigung mit dem Namen 1individuum sieht das anders: Sie weist in einer Medienmitteilung unter anderem auf tote Tiere hin, die neben den lebenden Artgenossen liegen würden. Gegenüber 20 Minuten sagt eine der Aktivistinnen: «In den Ställen gibt es mehrere tote, verletzte und kranke Tiere. Die Hühner haben wenig Platz und leben dicht aneinander gedrängt.»
Landrätin Susanne Strub (SVP) machte sich selber ein Bild vor Ort und glaubt den Tierschutzaktivisten kein Wort. «Sollte es tatsächlich so sein, haben sie die Hühner beim Eindringen in den Stall vielleicht selber so gestresst, dass sie gestorben sind.» Einer der Tierschutzaktivisten habe eine Drohne mitgebracht und sie über den Hühnern auf dem Freiland kreisen lassen. «Die Hennen waren gestresst, weil sie eine Drohe nicht von einem Greifvogel unterscheiden können», sagt Strub, die auch fotografisch festhielt, wie die angeblichen Naturfreunde mit ihren Sportwagen Landschaden auf dem vom Regen aufgeweichten Boden hinterliessen.
Strub fordert, dass die Aktivisten den gesamten Polizeieinsatz, der sich über Stunden hinzog, zahlen müssen. Bereits in der nächsten Landratssitzung will sie die entsprechenden Antworten dazu einfordern.
Landwirt Martin Degen betont: «Ich habe nichts zu verbergen, es kann jeder kommen und in meinen Stall schauen.» Gemäss eigenen Aussagen hält er rund 8000 Hühner auf seinem Hof, die von 9.30 Uhr bis 17.30 Uhr auf die Weide auslaufen können. Aber dass Fremde ins Gehege der Tiere eindringen und sich auch an systemrelevanten Maschinen anketten, gehe eindeutig zu weit. «Unter den Aktivisten befanden sich auch Deutsche aus Vogelgrippe-Gebieten. Das ist gefährlich», sagt Degen.
Gallo Suisse kritisiert die Aktion

In einer Stellungnahme kritisierte Gallo Suisse die Aktion. Den Stall unbefugt zu betreten, sei nebst Hausfriedensbruch ein Verstoss gegen das Tierwohl und das Wohlbefinden der betroffenen Bauernfamilie, schreibt der Verband. Der Verband habe Vertrauen in die Sorgfalt des betroffenen Eierproduzenten, sagte der Präsident von Gallo Suisse, Daniel Würgler, auf Anfrage. Man sei stets bereit, Einblick in die Ställe zu geben. Die Aktivistinnen und Aktivisten hätten im Vorfeld aber nie das Gespräch gesucht. Die BaZ konnte 1individuum am Samstag nicht für eine Stellungnahme erreichen.
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