«Hoffentlich kein Bürgerkrieg wie in Syrien»
Der überraschende Putschversuch in der Türkei ruft Reaktionen von Politikern, aber auch von besorgten Menschen hervor.
Die Vorgänge in der Türkei wurden umgehend kommentiert. US-Aussenminister John Kerry ging bei seinem Staatsbesuch in Moskau noch verhalten über die Berichte über den Putsch ein. Er erklärte, er hoffe auf Stabilität, Frieden und Kontinuität in der Türkei. «Blutige Zusammenstösse müssen vermieden und sämtliche Probleme ausschliesslich verfassungskonform gelöst werden», mahnte Kerrys russischer Amtskollege Sergej Lawrow beim gemeinsamen Treffen.
Deutlich klarer äusserte sich der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Er hat den laufenden Militärputsch als einen «Aufstand einer Minderheit in der Armee» verurteilt. Der Staatschef rief sein Volk im Nachrichtensender CNN-Türk auf, sich der versuchten Machtübernahme auf der Strasse entgegenzustellen. «Ich rufe das türkische Volk auf, sich auf öffentlichen Plätzen und an Flughäfen zu versammeln. Ich habe nie geglaubt, dass es eine höhere Macht gibt als das Volk», sagte Erdogan dem Sender per Telefon. Die «Putschisten» würden keinen Erfolg haben.
Offenbar gespaltene Armee
ARD-Korrespondent Michael Schramm spricht von einem «offenen Kampf des Militärs. Man muss abwarten, wie sich das Kräfteverhältnis in der Armee entwickelt.» Offenbar gebe es zwei Lager im Militär. «Es ist ein offener Prozess, der stattfindet.»
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die schnelle und friedliche Rückkehr zu ziviler Kontrolle und der verfassungsmässigen Ordnung gefordert. Eine «militärische Einmischung in die Angelegenheiten eines Staates ist nicht akzeptabel», erklärte Ban am Freitag am UNO-Sitz in New York. Er rief zu «Ruhe, Gewaltlosigkeit und Zurückhaltung» auf. Auch die Bewahrung von Grundrechten wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit sei in diesem «Moment der Unsicherheit» von «entscheidender Bedeutung».
Türkei ist «zentraler Partner»
Auch EU-Kommissionspräsident Donald Tusk hat sich besorgt über den Putschversuch in der Türkei und die Konsequenzen geäussert. Tusk äusserte sich am Samstag zum Abschluss des Asien-Europa-Gipfels (Asem) in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator.
«Die Lage scheint unter Kontrolle, aber die Situation ist weit von einer Stabilisierung entfernt», sagte Tusk. Die Spannungen und die Herausforderungen in der Türkei könnten nicht mit Waffen gelöst werden. «Ein Militärputsch hat keinen Platz in der modernen Türkei.»
Es sei zu früh, so wolle er nicht über die Auswirkungen spekulieren. Die Frage sei aber, «was für eine Türkei aus dieser Krise herauskommt», sagte Tusk. Wie die Türkei damit umgehe, werde entscheidend für das Land sein und die Beziehungen zur Europäischen Union. «Unsere Hoffnung ist, die Türkei als zentralen Partner zu behalten», sagte der EU-Kommissionspräsident.
Die Türken hoffen
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief zu «Ruhe und Zurückhaltung» auf. Er forderte in einer Erklärung zudem die uneingeschränkte Achtung der demokratischen Institutionen der Türkei und ihrer Verfassung ein. Die Türkei sei ein «geschätzter» Nato-Partner, betonte Stoltenberg, der zuvor mit dem türkischen Aussenminister Mevlut Cavusoglu telefoniert hatte.
Natürlich verfolgen die türkischen Staatsangehörigen im In- und Ausland mit Sorge die Entwicklung in ihrem Land. «Hoffen wir, dass es keinen Bürgerkrieg wie in Syrien gibt», schreibt ein besorgter Mensch auf Twitter.
Islamischer Zentralrat verurteilt die Aktion
Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) hat den Putschversuch aufs Schärfste verurteilt. «Wie soeben bekannt wurde, kam es am heutigen Abend in Ankara zu einem Putsch durch Teile des türkischen Militärs. Der Islamische Zentralrat Schweiz verurteilt diese Aggression gegen die demokratisch legitimierte Regierung Recep Tayyip Erdogans und stellt sich solidarisch an deren Seite.»
Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen warnt der IZRS vor einer weiteren Eskalation der Situation und der damit einhergehenden reellen Gefahr eines Bürgerkriegs.
Besorgnis in Teheran
Iran hat sich «zutiefst besorgt» über die Lage im Nachbarland Türkei geäussert. Besonnenheit und Sicherheit der türkischen Bevölkerung seien derzeit besonders wichtig und notwendig, schrieb Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif auf Twitter.
Die Nachrichtenagentur Fars meldete, dass nach dem Militärputsch in der Türkei Präsident Hassan Rohani eine Krisensitzung des Sicherheitsrats in Teheran einberufen habe. Eine offizielle Bestätigung jedoch liegt in den frühen Morgenstunden noch nicht vor. Laut Fars wurden auch zumindest zwei iranische Grenzübergänge zur Türkei vorläufig geschlossen.
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