Basel Infinity FestivalHochzeit von Musik und Physik – Sternstunde im Tinguely
Am Samstagabend fand mit «Tinguely Entangled» das grosse Highlight des Basel Infinity Festival statt. Ein in vieler Hinsicht denkwürdiges und zukunftsweisendes Projekt.

Quantenphysik als Gesamtkunstwerk – so lässt sich das ebenso gewagte wie verrückte Konzert «Tinguely Entangled», das am Samstag im Museum Tinguely zur langersehnten Aufführung gebracht wurde, vielleicht am besten zusammenfassen.
In Zusammenarbeit mit dem an der Universität Basel angesiedelten nationalen Forschungszentrum NCCR Spin hat ein Künstlerteam um Lukas Loss, Leiter des Basel Infinity Festival, ein Werk konzipiert, das Musik, Physik und Videokunst vereint und in dieser Form nichts anderes als revolutionär ist.
Grundlage des Konzerts war ein von Loss und Physiker Henry Legg sorgfältig ausgearbeitetes Skript, das die zentralen Begriffe der Quantenphysik – Qubits, Entanglement, Coherence, Tunneling et cetera – in einfacher Sprache wiedergibt. Das Skript wurde von fünf Physikerinnen und Physikern auf der Bühne vorgetragen, während um sie herum ein multimediales Dispositiv die Inhalte künstlerisch umsetzte: Zwölf Musikerinnen und Musiker waren im und um das Publikum herum positioniert und kreierten mit Schlagzeug, Flöten, Klarinetten, Celli und Bässen eine klangliche Assoziationslandschaft der Quantenebene. Synchron dazu wurde auf der Bühne mittels einer Videoprojektion von Luca Scarzella das von den Physikerinnen und Physikern Erzählte in einer gelungenen Mischung aus informativem und immersivem Charakter illustriert.

Regierungspräsident Beat Jans hält Ansprache
So «verschmelzen die jeweiligen Stimmen der Wissenschaftler mit dem Klangraum und werden in die künstlerische Dimension integriert», beschreibt es treffend die lettische Komponistin Linda Leimane, die während des Konzerts die elektronische Musik beisteuerte. Nachdem Loss die Idee im Herbst des letzten Jahres an sie herangetragen hat, habe sie ohne Ausnahme jeden Tag an «Tinguely Entangled» gearbeitet, um die Realisierung dieses Projekts zu ermöglichen.
Ein Projekt, das neue Wege des Interdisziplinären einschlägt und nicht nur auf künstlerischer Ebene seinesgleichen sucht. «Das Basel Infinity Festival ist ja bekannt dafür, Grenzen auszuloten oder sogar zu sprengen – aber das heutige Konzert geht wirklich noch einen Schritt weiter», sagte Regierungspräsident Beat Jans in seiner Ansprache vor der Performance. Besonders gefreut haben dürfte Jans die enorme Resonanz, die das Projekt im Vorfeld lokal, aber auch national genoss – sogar die «Tagesschau» sprang darauf an.

Erstaunlich ist das nicht, denn mit «Tinguely Entangled» gelang Loss und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern etwas, das schon von vielen versucht, aber bisher nur wenigen gelungen ist: die Verbindung von Physik und Musik, von Wissenschaft und Kunst, von Abstraktem und Intuitivem. Basel versteht sich bekanntlich als Kultur-, aber auch als Wissenschaftshauptstadt der Schweiz. Am Samstagabend haben sich diese beiden integralen identitären Bestandteile erfolgreich vermählt. Aus Sicht der Musik kann man nur hoffen, dass auch in Zukunft der Mut aufgebracht wird, scheinbar Unvereinbares zu vereinen.

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