Hinweis auf Berlusconi-Nachfolge
Italien kann den Rücktritt des Cavaliere kaum erwarten: Die Reformen, die Berlusconi zur Bedingung machte, werden wohl bereits am Samstag beschlossen. Und Präsident Napolitano ehrt einen möglichen Nachfolger.

Giorgio Napolitano hat den als möglichen Kandidaten für die Nachfolge von Ministerpräsident Silvio Berlusconi gehandelten Ökonomen Mario Monti überraschend zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Das gab Napolitanos Büro heute Abend bekannt. Personen, denen die Auszeichnung Senator auf Lebenszeit zuteil wird, verfügen über Wahlrechte im Senat. Der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar Monti wird als Favorit für den Spitzenposten einer möglichen Technokraten-Regierung in Italien gehandelt. Der jetzige Regierungschef Berlusconi hatte am Dienstag seinen Rücktritt angekündigt.
Um die Finanzmärkte zu beruhigen, soll es in Italien jetzt schnell gehen: Die italienischen Medien berichteten heute Abend, das Parlament werde wohl bis Samstag das Reform- und Sparpaket beschliessen, was Voraussetzung für einen Rücktritt von Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker mahnte, «Italien darf die Massnahmen nicht nur ankündigen, sondern muss sie auch umsetzen».
Den Medienberichten zufolge wird der Senat wohl am Freitag, das Abgeordnetenhaus am Samstagnachmittag, spätestens aber am Sonntag über die Reformen abstimmen. Zuvor hatte auch der italienische Staatschef Giorgio Napolitano angekündigt, die Verabschiedung der Reformen werde «binnen weniger Tage» erfolgen. Heute erreichten die Renditen für italienische Schuldenpapiere einen Rekordwert von 7,16 Prozent. Juncker sagte in Lissabon, Italien müsse beweisen, dass es zu Recht das Vertrauen der EU geniesse.
Berlusconi kündigt Rücktritt an
Unter dem Druck der Schuldenkrise hatte Berlusconi gestern Abend angekündigt, er werde nach der Verabschiedung der Spar- und Reformpläne durch das Parlament sein Amt abgeben. Staatschef Napolitano erklärte, nach dessen Rücktritt werde er «umgehend» Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung einleiten. Dann werde es schnell entweder eine neue Regierung geben, die das Vertrauen des Parlaments besitze, oder er werde das Parlament auflösen, um Neuwahlen zu ermöglichen.
Denkbare Szenarien sind sowohl die Bildung einer um die Zentrumspartei erweiterten neuen Regierung als auch eine von einem unabhängigen Experten geführte nationale Einheitsregierung. Im Gespräch für die Spitze einer solchen Einheitsregierung ist etwa der frühere EU-Kommissar und Wirtschaftsexperte Mario Monti. Gianni Letta, ein Berlusconi-Vertrauter, wird als Anführer einer Regierung mit der Zentrumspartei gehandelt. Napolitano kann zudem das Parlament auflösen und binnen 70 Tagen Neuwahlen setzen.
Die Mailänder Börse öffnete angesichts der Rücktrittsankündigung am Morgen im Plus, drehte wegen der weiterhin bestehenden Unsicherheit, ob Italien sein Schuldenproblem schnell in den Griff bekommt, am Nachmittag aber wieder ins Minus und schloss mit 3,78 Prozent Verlust.
Italien ist die drittgrösste Volkswirtschaft der Eurozone. Das Land hat einen Schuldenberg von rund 1,9 Billionen Euro angehäuft. Ein Rettungseinsatz wie bei Irland, Portugal oder Griechenland könnte die anderen Euro-Länder überfordern.
AFP/kle
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch