Hier ist Schettino zurück auf dem Concordia-Wrack
«Die Gefühle, die ich empfunden habe, als ich das Wrack gesehen habe, kann man mit Worten nicht beschreiben»: Unglückskapitän Schettino ist zurück auf der Costa Concordia.
Mehr als zwei Jahre nach der Unglücksnacht, in der er die «Costa Concordia» überstürzt verlassen hat, ist Francesco Schettino auf das gekenterte Kreuzfahrtschiff zurückgekehrt. Bei einem gerichtlichen Ortstermin betrat Schettino heute das vor der Insel Giglio vor sich hin rostende Wrack. Der mit Lederjacke und Sonnenbrille bekleidete Schettino musste sich am engen Kai des Hafens von Giglio einen Weg durch eine Horde von Reportern und Kameraleuten bahnen, bevor er sich Helm und Schwimmweste überstreifen und ein Boot der Küstenwache betreten konnte. Gemeinsam mit Experten wurde er anschliessend zu dem Wrack gefahren.
Das Gericht hatte einem Antrag von Schettinos Verteidigung stattgegeben, dem Kapitän die Teilnahme an dem Ortstermin zu ermöglichen. Bei dem Besuch sollten der Notstrom-Generator und ein Fahrstuhl untersucht werden, in dem mehrere Menschen ums Leben gekommen waren. Die Fachleute sollen auf Antrag der Verteidigung einen Bericht für die Verhandlung anfertigen.
Der Kapitän verbrachte die Nacht in einer Wohnung auf der Insel. «Die Gefühle, die ich empfunden habe, als ich das Wrack gesehen habe, kann man mit Worten nicht beschreiben. Ich habe an die letzten zwei Jahre und an die vielen Lügen gedacht, die über die Unglücksnacht gesagt wurden», betonte Schettino im Gespräch mit der Tageszeitung «La Nazione». Schettino, der gestern Abend auf Giglio eingetroffen war, wollte ursprünglich nicht an dem Besuch des Wracks teilnehmen. «Ich habe ihn davon überzeugt. Es ist wichtig, um Klarheit über die Hintergründe der Havarie zu gewinnen», berichtete der Rechtsanwalt des Kapitäns, Domenico Pepe.
Wrack wird Ende Juni abgeschleppt
Schettino muss sich wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, Verursachung von Umweltschäden und Verlassen eines Schiffes in Seenot vor Gericht verantworten. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft. Er hatte das Schiff in einem Rettungsboot verlassen, obwohl noch Menschen an Bord waren. Nach eigener Darstellung war Schettino in ein Rettungsboot gefallen und dann an Land geblieben, um von dort aus die Rettungsarbeiten zu koordinieren. Die Hafenbehörde forderte ihn per Handy mehrmals auf, wieder an Bord des Schiffes zu gehen, wo noch zahlreiche Passagiere festsassen.
Die Bewohner von Giglio reagierten mit gemischten Gefühlen auf Schettinos Rückkehr auf die Insel. «Was uns am meisten gezeichnet hat ist, wie Schettino in der Unglücksnacht das Schiff verlassen hat», sagte Bürgermeister Sergio Ortelli. «Wenn die Scheinwerfer das Wrack erleuchten, kehrt der Schmerz zurück. Die Angehörigen der Opfer und die Leute von Giglio brauchen eine Erklärung für das, was passiert ist.» Mehr als für die Anwesenheit Schettinos interessierten sich die Bewohner dafür, dass das Wrack endlich verschwinde und Giglio zur Normalität zurückkehren könne, sagte Ortelli. Der Bürgermeister versicherte, dass das Wrack planmässig Ende Juni weggeschleppt werden soll. Noch unklar ist, wo das havarierte Schiff zerlegt wird.
Die Costa Concordia hatte vor mehr als zwei Jahren vor der Insel Giglio einen Felsen gerammt und war in Schieflage geraten. Beim Unglück kamen 32 Menschen ums Leben. An Bord befanden sich 4200 Passagiere. Darunter waren auch 69 Schweizerinnen und Schweizer.
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