Wehmut im OberbaselbietLetzte Nacht fuhr das «Waldenburgerli» zum letzten Mal
Nach 140 Jahren geht die schmalste Schmalspurbahn der Schweiz ausser Dienst. Zum Abschied gab es eine Bahnparade.
Nach 140 Jahren fährt die Waldenburgerbahn in der Nacht von Montag auf Dienstag zum letzten Mal. Die schmalste Schmalspurbahn der Schweiz geht am Osterwochenende ausser Dienst. Zum Abschied fand zur Mittagszeit am Ostermontag eine feierliche Bahnparade statt. Zwischen 11.15 Uhr und 12.45 Uhr fuhren zwei Pendelzüge mit Blumen geschmückt von Waldenburg nach Liestal und wieder zurück.
Zu Ehren des «Waldenburgerli», wie die Bahn im Volksmund genannt wird, wurde gar ein Wettbewerb lanciert. Die Baselland Transport AG (BLT) vergibt ein U-Abo im Wert von 800 Franken an das schönste Bild der Kult-Bahn. Unter dem Hashtag #bahnparade-waldeburgerli soll man sein Lieblingsbild bis zum 6. April auf Instagram hochladen.
Fernab der Wettbewerbsfreude grassiert in den sozialen Medien jedoch auch die Wehmut. Denn das «Waldenburgerli» ist im Oberbaselbiet Kulturgut. Vor 140 Jahren, am 1. November 1880, nahm es den Betrieb auf.
Seine Geschichte beginnt jedoch bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Centralbahn als Vorgängerin der SBB das Waldenburgertal aussen vor liess. Die neue Zughauptstrecke zwischen Basel und Olten sollte über Läufelfingen statt über Waldenburg führen. Um nicht abgehängt zu werden, griffen die Bewohner des Tals zur Selbsthilfe und bauten die schmalste Schmalspurbahn der Schweiz. Eigentlich hätte das Initiativkomitee gern eine Spur von 144 Zentimetern Breite gehabt. Aus Kostengründen beschieden sie sich jedoch auf die Spurweite von 75 Zentimetern.

Dafür wurden sie später zwar belächelt, doch konnten die Städter dem Charme der kleinen Bahn nicht lange widerstehen. Schon bald begannen sie, das «Waldenburgerli» für Ausflüge zu nutzen, weshalb es am Sonntag die meisten Passagiere verzeichnete.
Tatsächlich aber beförderte es nicht nur Personen, sondern zu einem grossen Teil auch Waren. Wie Eisenbahnkenner Friedrich Gysin in seinem Buch «Waldenburgerbahn, die Schmalspurbahn im Baselbieter Jura» schreibt, verhalf die Bahn dem gleichnamigen Tal damit zur industriellen Entwicklung.

Dabei wirkte das «Waldenburgerli» bei seinen Fahrten zuweilen etwas überanstrengt. «Das schnoogt und pfupft dur s Täli uuf, muess bärzen und muess schnuufe. Und vor em Staziönli dört chunnt s chuum säll Stützli uufe», schreibt Gysin. Er weist damit auf die späte Elektrifizierung der Bahn hin. Bis ins Jahr 1953 wurde diese nämlich mit mehreren Generationen von Dampflokomotiven, Personen- und Güterwagen geführt.

Während das «Waldenburgerli» über eine lange Zeit vor sich hin dampfte, war das Dampfen im Innern nicht immer gern gesehen: «Das Rauchen in den Wagen II. Klasse ist nur unter Bewilligung sämtlicher Mitreisenden gestattet», hiess es in den «bahnpolizeilichen Vorschriften der Waldenburgerbahn». Die damalige Direktion der Waldenburgerbahn hätte sich über das heutige Rauchverbot in Zügen wohl gefreut.
«Waldenburgerli» wird jetzt gelb
An diesem Montag nun bricht ein neuer Abschnitt in der Geschichte des «Waldenburgerli» an. Die 13 Kilometer lange Strecke wird bis Ende 2022 für rund 300 Millionen Franken komplett umgebaut. Sie erhält unter anderem neue Geleise und neue Haltestellen. Zudem werden die alten, rot-weissen Wagen durch zehn neue, knallgelbe Niederflurzüge von Stadlerrail ersetzt. Diese verkehren dann auf der für Trams üblichen Meterspur. Bis die Bauarbeiten abgeschlossen sind, werden auf der Linie 19 Busse verkehren.
Die allerletzte, 23-minütige Fahrt der alten Waldenburgerbahn ist für Dienstag um 0.55 Uhr ab Liestal geplant.
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