Hausfrauen und Ex-Marines entschieden über Samsung-Schicksal
Samsung soll dem iPhone-Konzern eine Milliarde Dollar Schadenersatz zahlen. Kritiker dieses Urteils sind aber überzeugt, dass die Geschworenen mit dem Fall überfordert waren.
Der jüngste Geschworene war 24 Jahre und trug im Gericht am liebsten ein T-Shirt mit dem Namen einer Rockband. Unter den anderen acht waren eine Hausfrau, ein Elektroingenieur im Ruhestand, der Manager eines Fahrradladens und ein ehemaliger Marineangehöriger. Sie hatten darüber zu befinden, ob der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung gegen Patente von Apple verstossen hat – und ihr Urteil war eindeutig: Samsung soll eine Milliarde Dollar an Schadensersatz zahlen. Kritiker dieses Urteils sind aber überzeugt, dass die Geschworenen mit dem Fall überfordert waren.
Die juristische Auseinandersetzung zwischen Apple und Samsung ist nur eine von vielen, die Zahl der Patentklagen ist gerade im Techniksektor in jüngster Zeit geradezu explodiert. Zunehmend werden die Prozesse auch vor Geschworenengerichten geführt statt nur vor Richtern. Ein Grund ist wohl, dass die Geschworenen im Allgemeinen dem Sieger mehr Schadensersatz zubilligen als Richter.
Dass unterlegene Parteien dann eine Reform des Patentsystems anmahnen, ist klar, aber auch Juristen stellen die Frage, ob normale Bürger in so wichtigen und hochkomplexen Fällen Urteile fällen sollten. «Das ist die grosse Frage und darum dreht sich ein Grossteil der gegenwärtigen Debatte», sagt Jura-Professor Mark McKenna von der Universität Notre Dame.
«Fall war für Geschworene nicht zu handhaben»
Die Herausforderung für die Jury im Streit Apple gegen Samsung war grösser als in vielen anderen Fällen. Sie musste Hunderte Fragen beantworten und mehr als zwei Dutzend elektronische Geräte in Augenschein nehmen, hatte zwölf Patente zu studieren und sollte dabei auch noch die 109-seitigen Anweisungen der Vorsitzenden Richterin beachten.
«Der Fall war für Geschworene nicht zu handhaben», sagte Robin Feldman, Professor für geistiges Eigentum an der Universität von Kalifornien, schon vor dem Urteil. Seinen Jurastudenten gebe er nicht so viel zu lesen. «Das können sie wahrscheinlich gar nicht verdauen. Der Prozess ist ein Beweis dafür, dass das Patentsystem ausser Kontrolle geraten ist», sagte Feldman. Es stelle sich die Frage, «ob wir im System des geistigen Eigentums nicht zu weit gegangen sind».
Samsung will Urteil nicht hinnehmen
Samsung will das Urteil nicht hinnehmen und hat angekündigt, notfalls bis vor den Obersten Gerichtshof zu ziehen. Zunächst aber wurde die Vorsitzende Richterin aufgefordert, den Spruch der Geschworenen zu korrigieren. Sollte das nicht geschehen, kommt der Fall wohl vor ein Berufungsgericht in Washington D.C., das auf Patentstreitigkeiten spezialisiert ist.
Auch Apple profitierte im vergangenen Jahr schon davon, dass ein Richter das Urteil einer Jury wieder zurücknahm. So wurde eine Entscheidung aufgehoben, nach der Apple 625,5 Millionen Dollar wegen Patentverletzung hätte zahlen müssen.
Ressourcen in ungerechtfertigten Patentklagen verschwendet
Zahlen der Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers deuten darauf hin, dass Patentstreitigkeiten drastisch zugenommen haben. So seien zwischen 2006 und 2010 insgesamt 182 Klagen im Bereich Elektronik, Software und Telekommunikation eingereicht worden. In den fünf Jahren zuvor waren es 77.
«Zweck des Patentsystems ist es, Innovationen zu ermutigen», erklärte zu Beginn des Monats Steven Zipperstein, Leiter der Rechtsabteilung des Blackberry-Herstellers Research in Motion. «Aber das System wird zu oft ausgenutzt, um andere Ziele zu verfolgen», sagte er, nachdem ein Richter ein Geschworenenurteil gegen seine Firma wieder aufgehoben hatte. Das System müsse reformiert werden, forderte Zipperstein, damit nicht unnötig Ressourcen in ungerechtfertigten Patentklagen verschwendet würden.
dapd/ah
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