Video-Chat mit Lukas Engelberger«Ich ein Düpflischisser? Das sollen andere beurteilen»
Lukas Engelberger auf der BaZ-Redaktion: Der Basler Gesundheitsdirektor wurde eine Stunde lang von Leserinnen und Lesern mit Fragen überhäuft.
«Diese Form des Interviews ist für mich auch neu, ich bin ja mal gespannt», sagte der 46-jährige Basler, als er durch die Tür der BaZ-Redaktion kommt. Minuten später sitzt der oberste Gesundheitsdirektor der Schweiz mit aufgesetzten Kopfhörern vor einem Computer. Knapp einhundert Fragen kamen via Livechat von den BaZ-Userinnen und -Usern rein. Hier ein Querschnitt mit den wichtigsten Stichworten.
Basler Fasnacht
«Wir haben einen starken Druck gespürt, dieses Jahr eine Fasnacht auszurichten», sagt Engelberger, «und wir haben die Fasnacht Stück für Stück ermöglicht.» Auf den Vorwurf, Luzern biete eine Fasnacht ganz ohne Auflagen, antwortet der Regierungsrat: «Wir haben in Basel die grösste kulturelle Veranstaltung der Schweiz, wo Menschen auf nächstem Raum zusammen sind. Aber wir sind immer noch in der Pandemie, deshalb können wir nicht so traditionell Fasnacht machen wie üblich. Und ich sehe keine Einschränkungen für unsere Fasnacht. Bedauerlich ist, dass wir keinen Cortège haben. Aber das war für die Aktiven nicht mehr zu organisieren.»
Drämmli-Extrafahrten
Das Hin und Her zu Extrafahrten von BVB und BLT nervte viele Baslerinnen und Basler. Eine Frage aus dem Plenum: Warum plante die Regierung nicht mehrgleisig? «Das behalten wir intern», sagt Engelberger. Ihm ist klar, dass viele Fasnächtlerinnen und Fasnächtler ausserhalb der Stadt wohnen. «Die hätten sich auch ohne Tram oder Bus gut organisiert.»

Verschmähte Wagencliquen
Menschenaufläufe gebe es doch auch bei Guggenmusikkonzerten oder anderen Aktivitäten. Weshalb verbietet der Regierungsrat den Wagencliquen die Teilnahme? «Wir schätzen die Lage anders ein», sagt Engelberger, «der Cortège hat eine grosse Sogwirkung. Die Nachmittage am Montag und Mittwoch sind für Besucher am besten planbar.»
Verschwörungstheorien
Eine Leserin meint im Chat, die meisten PCR-Tests seien nicht zuverlässig. Engelbergers Antwort: «Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die PCR-Technologie sehr zuverlässig ist. Im Einzelfall kann es sein, dass jemand nur ganz leicht krank ist. Aber Kritik am Testverfahren ist nahe bei der Verschwörungstheorie – man sollte es nicht infrage stellen.»
Maskenpflicht
Warum braucht es im ÖV noch eine Gesichtsmaske? «Ich halte die Maskenpflicht im ÖV für sinnvoll», erklärt Engelberger, «weil in Zug, Tram oder Bus viele Menschen auf engem Raum sind. Und auf diese Transportmittel sind wir angewiesen, nicht jeder hat ein Auto. Alle sollen den ÖV möglichst sicher benutzen dürfen. Ein Besuch im Restaurant dagegen ist freiwillig. Ich verstehe, wenn sich jemand an der Maskenpflicht stört, aber alle müssen akzeptieren, wenn jemand eine Maske trägt – auch in einem Lebensmittelgeschäft.»

Neue Corona-Welle
«Wir haben in den zwei Jahren gesehen, dass sich die Ausgangslage verändert. Mittlerweile sind viele Menschen geimpft oder infiziert, das sorgt für eine Grundimmunität. Wenn jedoch eine neue Virusvariante auftaucht, müssen wir die Lage neu beurteilen. Das Zertifikat leistet bei Auslandreisen gute Dienste, und die Booster-Impfungen werden weiter angeboten. Ich bin optimistisch, was die Zukunft betrifft. Wir haben diesen Winter viel besser bewältigt als 2020/21.»
Neue Virusvariante
«Mit Virusmutationen ist zu rechnen», sagt Engelberger, «nicht nur aus dem Ausland, sie können auch in der Schweiz entstehen. Möglich ist, dass neue Mutationen milder sind als Omikron.» Davon hängen weitere Massnahmen ab. «Vielleicht müssen wir Risikogruppen besser schützen.»
Vierte Impfung
Was kommt nach dem Booster – gibt es schon bald eine vierte Impfung? Diese Frage wurde im Chat häufig gestellt. «Schwer zu sagen», meint Engelberger «ich erwarte, dass auf den Herbst hin eine Auffrischimpfung empfohlen wird – zumindest für Menschen mit einem medizinischen Risiko.» Die Frage sei, wie lange der aktuelle Impfschutz anhalte.
Eigene Erkrankung
«Ich war soeben zum dritten Mal geimpft worden, das gab mir einen gewissen Schutz. Zwei meiner Kinder waren auch positiv, meine Frau und das dritte Kind nicht. Wir haben uns den Haushalt aufgeteilt, das war schon anspruchsvoll.»
Vorzüge, Vorwürfe und Rücktritt
«Ich spreche gerne Französisch und mag diese Sprache», nimmt Engelberger entsprechende Komplimente entgegen, «meine Mutter stammt aus dem Kanton Fribourg.» In der SRF-Sendung «Arena» wurde der Regierungsrat als «Düpflischisser» bezeichnet. «Ob ich einer bin, sollen andere beurteilen, die Leute aus meinem nächsten Umfeld», meint er, «aber die eigenen Charakterzüge kann halt keiner ganz abschütteln.» Haben Sie die Absicht, Bundesrat Alain Berset zu ersetzen? «Ich habe keine Ambitionen in diese Richtung. Die neue Legislatur in Basel hat ja erst vor einem Jahr angefangen.» Zum Abschluss eine provokative Frage von Herrn Beat Frei aus dem Chat: Wann treten Sie als Regierungsrat zurück? «Gar nicht», sagt Engelberger, «da bin ich jetzt wieder vielleicht ein Düpflischisser, aber ein Rücktritt wäre es ja, wenn man sein Amt niederlegt. Das habe ich nicht vor. Ob ich mich 2024 zur Wiederwahl stelle – das zu beantworten, ist zu früh.»

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