Wochenduell: Wahl zum WeltfussballerHat Lionel Messi den Ballon d’Or wirklich verdient?
Der Argentinier holt sich zum siebten Mal die Auszeichnung zum wertvollsten Fussballer – vor Robert Lewandowski. Das sorgt bei einigen Spielern und Trainern für Kritik.

Ja: Messi gewann die Copa América und die Copa del Rey und war somit international wie national erfolgreich – seine Konkurrenz war das nicht.
Auf den ersten Blick erscheint Lionel Messis Wahl zugegebenermassen überraschend: Der Argentinier ist bei weitem nicht mehr das, was er mal war. Die Torgefahr, die er einst ausstrahlte, geht heute nicht mehr von ihm aus, und seine offensiven Glanzmomente werden zu oft von mangelhafter Defensivarbeit überschattet.
Aber zum Glück tritt Messi 2021 nicht gegen Messi aus dem Jahr 2015 an. Sondern gegen einen international erfolglosen polnischen Stürmer, dessen Club auch ohne ihn die Bundesliga gewonnen hätte und gegen Jorginho, der zwar internationale Erfolge feiern konnte, dabei jedoch nie so Verantwortung übernehmen musste, wie es von einem Ballon-d’Or-Gewinner erwartet wird. Mehr Konkurrenz hatte Messi bei dieser Wahl nicht.
Doch es sollen die Fakten sprechen: Messi gewann mit Argentinien die Copa América. Dabei übernahm er die Verantwortung als Captain und erhielt sowohl den Golden Boot für die meisten Tore als auch die Auszeichnung für den besten Spieler. Dass diese Erfolge gerechtfertigt waren, zeigen seine neun Torbeteiligungen an den zwölf Turniertoren Argentiniens. Doch damit nicht genug. In La Liga wurde er mit sieben Toren mehr als der zweitplatzierte Karim Benzema Torschützenkönig. Weiter gewann er die Copa del Rey mit dem FC Barcelona und dies in einer Saison, in der sich bei den Katalanen bereits abzeichnete, dass die darauffolgende Zeit eine schwierige sein sollte.
Schlussendlich ist die Rechnung eine einfache: Messi war international wie national erfolgreich – seine Konkurrenz nicht. Lewandowski schoss seine Tore, holte aber international mit Bayern keinen Titel und schied mit der Nationalmannschaft als Gruppenletzter bei der EM aus. Und Jorginho holte sich zwar den EM-Titel und die Champions League, doch auf nationaler Ebene gelang dem FC Chelsea im Jahr 2021 wenig.
Und so ist es nichts als recht, dass Lionel Messi in diesem Jahr zum siebten Mal den Ballon d’Or überreicht bekam und damit Eindeutigkeit in die Debatte um den besten Fussballspieler der Geschichte bringt. Linus Schauffert
Nein: Bei Barcelona und PSG zeigte Messi zuletzt selten gute Leistungen. Es hätte genügend Spieler gegeben, die diese Auszeichnung mehr verdienen.
Lionel Messi ist der beste Fussballer, den die Welt bisher gesehen hat. Er hat nicht nur fast alles gewonnen, sondern verfügt über technische Fähigkeiten, die bis dato unerreicht bleiben. In seiner Blütezeit brauchte man ihm bloss den Ball zu geben und konnte darauf vertrauen, dass er damit etwas Geniales anfangen würde. La Pulga entschied viele Spiele im Alleingang. Doch diese Zeiten sind vorbei und deshalb seine Wahl zum Ballon-d’Or-Gewinner ein schlechter Scherz.
In seinem letzten halben Jahr in Barcelona war er kaum mehr eine Bereicherung für die Mannschaft. Der Argentinier skorte zwar konstant und wurde Torschützenkönig, war aber im Spiel ohne Ball inexistent. Er bot sich kaum an und in der Defensive spielte Barcelona stets mit einem Mann weniger. Das führte dazu, dass die Katalanen gegen die Topteams in der Liga und der Champions League nur zwei Punkte holten und meist chancenlos blieben. Das ist nicht genug, um einen Ballon-d’Or-Gewinn zu rechtfertigen, zumal diese Auszeichnung den komplettesten und besten Fussballer des Jahres würdigen soll.
Bei PSG ist Messis Bilanz noch schlechter. Seit seinem Wechsel hat der Argentinier in elf Einsätzen lediglich vier Treffer erzielt und nur 40 Prozent der möglichen Einsatzminuten absolviert. Neymar und Kylian Mbappé stehlen Messi weitestgehend die Show. Wer ein halbes Jahr lang nicht einmal in seinem Club zu den Besten gehört, kann unmöglich der Beste der Welt sein. Daran ändert auch der Gewinn der Copa América mit Argentinien im Sommer nichts.
Dazu kommt, dass es genügend andere Anwärter gegeben hätte, die eher in das Profil eines Ballon-d’Or-Gewinners passen. Da wäre Robert Lewandowski, der in einer mindestens gleichwertigen Liga über das Jahr gesehen deutlich mehr Treffer erzielt hat und um einiges mannschaftsdienlicher agierte als der Argentinier. Oder der Italiener Jorginho, der mit Chelsea die Champions League gewann, momentan die Premier League anführt sowie mit Italien Europameister wurde und dabei stets das Herz der jeweiligen Mannschaft war. Die beiden hätten den Gewinn deutlich mehr verdient als der alternde Argentinier. Luc Durisch
* Das Wochenduell: Die «Basler Zeitung» stellt sich ab sofort in regelmässigem Abstand Themen, die die Sportwelt bewegen – und beleuchtet dabei in einem Pro und Kontra beide Seiten. Zuletzt erschienen:Ist es richtig, dass der FCB in Dubai trainiert?Kann die Schweizer Nationalmannschaft den WM-Titel holen?Müssen sich Profisportler impfen lassen?Braucht es ein Verbot für Gästefans in den Schweizer Stadien? Wird die neue Abseitsregel den Fussball fairer und spannender machen?Ist Tyson Fury der beste Boxer in der Geschichte?
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