Wochenduell: Prominenter AbwesenderHat der Laver-Cup ohne den Spieler Roger Federer eine Zukunft?
Der Laver-Cup geht an diesem Wochenende in Boston ohne die «Grossen 3» über die Bühne – trotzdem waren die Tickets bei den Fans begehrt. Nur: Wird das auch in Zukunft so sein?

Ja: Auch wenn Mitinitiator Federer sowie Rafael Nadal und Novak Djokovic fehlen, lieben die Tennisfans das einzigartige Format des Events.
Ob der Laver-Cup ohne Roger Federer eine Zukunft hat, entscheidet auch das Portemonnaie der Tennis-Liebhaber. Ein Check bei Ticketmaster.com zeigt, dass über 18’000 Fans die diesjährige Austragung in der TD Arena in Boston sehen wollen. Trotz der Ticketpreise, die über dem Durchschnitt der anderen Turniere liegen. Trotz der erstmaligen Abwesenheit der «Grossen 3» Novak Djokovic, Rafael Nadal und Mitinitiator Roger Federer. In der vergangenen Woche freute sich Federers Manager Tony Godsick im Wirtschaftsmagazin «Forbes» darüber, dass 95 Prozent der Tickets abgesetzt worden sind: «Wir werden eine volle Hütte haben.» Bei den bisherigen Austragungen in den Jahren 2017 (Prag), 2018 (Chicago) und 2019 (Genf) hatte Godsick Ähnliches vermeldet.
Wieso also füllen die Fans die Stadien und wieso sind sie bereit, hohe Eintrittspreise zu zahlen? Unter anderem liegt es daran, dass das Format des Laver-Cups einzigartig genial ist: ein Teamwettkampf, dessen Atmosphäre einem Davis-Cup gleicht. Ein Publikum, das das jeweilige Heimteam frenetisch anfeuert. Und der wichtigste Grund: eine Besetzung, die die Besten an einem Wochenende zusammenbringt. Die Weltbesten gehen ihre Partien mit der nötigen Professionalität an, können sich aber zur Freude der Fans auch ein Spässchen erlauben. Ein Dutzend Tennis-Stars, das auch wegen der individuellen Siegprämie von 250’000 Dollar antritt.
Der heimliche Star des Laver-Cup-Formats ist das Doppel: Während 2017 Federer und Nadal sowie 2018 Federer und Djokovic zusammen spielten, darf man bei jeder zukünftigen Austragung gespannt sein, welche Rivalen der Team-Captain im Doppel aufstellen wird. Für Team Europe könnten nun Daniil Medwedew, Stefanos Tsitsipas oder Alexander Zverev im Doppel antreten. Erbitterte Konkurrenten für ein Doppel zu nominieren, gehört zu den kniffligen Aufgaben des Team-Captains Europe, der zum vierten Mal in Folge Björn Borg heisst.
Der Nachfolger der 65-jährigen Legende steht höchstwahrscheinlich bereits fest. Er ist als Mitgründer bereits das Gesicht des Laver-Cups und wird die Anziehungskraft dieses Events auch in Zukunft aufrechterhalten: Roger Federer. Und für dieses Aushängeschild werden die Fans weiter gern ihr Portemonnaie öffnen. William Kong
Nein: Im dichten Tenniskalender ist kein Platz für Klamauk. Sobald Federer einmal genug hat, wird es der Laver-Cup extrem schwer haben.
Natürlich sind Exhibitions, also Show-Wettkämpfe ohne Erfolgsdruck, unterhaltsam. Für die Fans, weil sie ihre Lieblinge einmal anders erleben, und für die Spieler, weil sie ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Tennis, nachgehen können, ohne über Weltranglistenpunkte und Preisgelder nachdenken zu müssen. Spass, Spektakel, Spielfreude. Mehr aber ist es nicht.
Denn der sportliche Wert eines Wettkampfs wie des Laver-Cups ist gleich null. Zu gewinnen gibt es zwar einen Pokal, aber keine ATP-Punkte. Der Anlass ist kein Teil der Tour, sondern bloss die kleine Kirsche auf dem Tennisjahr. Etwas also, das nett anzuschauen ist, das aber eigentlich kein Mensch braucht. Schliesslich ist dieses Tennisjahr auch so schon eng getaktet. Zeit für Erholung gebe es praktisch keine, beklagen sich die Profis. Der Druck, möglichst viele Turniere zu spielen, um zu ATP-Punkten zu kommen, sei riesig und erfordere eine äusserst exakte Saisonplanung.
Das weiss auch die Nummer 1 der Weltrangliste. Nach Wimbledon-Final, Olympia-Final und US-Open-Final braucht Novak Djokovics Körper dringend eine Pause. Der Serbe wird fehlen, wenn ab Freitag Europa gegen den Rest der Welt um den Laver-Cup spielt. Djokovic dürfte die Zeit nutzen, um sich auf den Saisonabschluss und die ATP-Finals in Turin vorzubereiten.
Doch auch ohne den aktuell besten Tennisprofi versammeln sich in Boston Spieler, die Unterhaltung versprechen. Solange Roger Federer das Turnier promotet, zieht der Anlass die grossen Namen des Sports an und lockt entsprechend Zuschauer an die Partien. Der Schweizer hat es in kürzester Zeit geschafft, aus dem Turnier eine Marke zu machen. Möglicherweise wird Roger Federer im kommenden Jahr auch als Spieler nochmals bei seinem Laver-Cup antreten, vielleicht wird er dereinst gar Björn Borg als Team-Captain beerben. Doch dass dies reicht, um einen sportlich wertlosen Show-Wettkampf im Tennisjahr langfristig zu etablieren, ist nicht realistisch. Im dichten Tenniskalender ist kein Platz für Klamauk. Fabian Löw
* Das Wochenduell: Die «Basler Zeitung» stellt sich ab sofort in regelmässigem Abstand Themen, die die Sportwelt bewegen – und beleuchtet dabei in einem Pro und Kontra beide Seiten. Zuletzt erschienen: Braucht es eine Fussball-WM alle zwei Jahre?Hat SRF das Tennis zu früh abgeschrieben?War das der verrückteste Transfersommer in der Geschichte?Ist die Zeit der internationalen Schweizer Sportstars vorbei?
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