OECD-Mindeststeuer in BaselHandelskammer befürchtet bei einem Nein einen Flickenteppich
«Wir müssen diese Kuh jetzt vom Eis bringen», sagt HKBB-Präsidentin Elisabeth Schneider-Schneiter. Sonst würden die Kantone eigene Lösungen ausarbeiten.

Das sei nicht weniger als eine «Generationenabstimmung», sagt Elisabeth Schneider-Schneiter. Die Präsidentin der Handelskammer beider Basel (HKBB) will im Hinblick auf die eidgenössische Volksabstimmung vom 18. Juni zur OECD-Mindeststeuer nichts anbrennen lassen und wirbt für ein Ja. «Wir müssen jetzt diese Kuh vom Eis bringen», sagt sie am Montag vor den Medien.
Tatsächlich besteht Zeitdruck. Die OECD verlangt eine Umsetzung per 2024. Dann sollen die Gewinne von international tätigen Unternehmen, die Jahresumsätze von über 750 Millionen Euro erzielen, zu mindestens 15 Prozent besteuert werden. Dies soll in der Schweiz mit einer Ergänzungssteuer gelöst werden, welche die Differenz zu besagten 15 Prozent beheben soll. In Basel-Stadt beträgt die Gewinnsteuer aktuell formal 13,04 Prozent, in Baselland nach Umsetzung aller geplanten Schritte 13,45 Prozent.
75:25 oder fifty-fifty?
Die Gegnerschaft der Vorlage ist in der politischen Linken zu finden und stört sich daran, dass die Mehreinnahmen aus dieser Ergänzungssteuer nur zu einem Viertel dem Bund und der Rest den Kantonen zustehen sollen. Und fordert einen neuen Verteilschlüssel.
Kürzlich hat die Basler SP die Stimmfreigabe beschlossen und damit auf eine Parole verzichtet. Die bürgerlichen Parteien LDP, FDP und Mitte beurteilten dieses Verhalten in einer gemeinsamen Mitteilung als «skandalös», weil die grösste Partei des Kantons damit gegen die hiesigen Interessen stimmen würde.
Bei einem Nein, sagt nun Schneider-Schneiter, würde eine national einheitliche Lösung gefährdet. Wegen des Zeitdrucks würden die Kantone dann selber eine Mindeststeuer einführen, was den Harmonisierungsbestrebungen zuwiderlaufe und den Steuerwettbewerb letztlich anheize. Ausserdem sei sie sich nicht sicher, ob eine Fifty-fifty-Lösung, wie Kritiker sie fordern, in den eidgenössischen Räten und bei einer nationalen Volksabstimmung so schlank durchkommen würde.
Beispiel Solothurn
Die Erklärung dazu liefert Luca Urgese, Leiter Finanzen und Steuern der HKBB. Er sagt, dass auch finanzschwache Kantone vom aktuellen Verteilschlüssel profitierten. Und zwar, weil die Geberkantone dadurch mehr in den nationalen Finanzausgleich einzahlen müssten. Gemäss einer Berechnung würde der Nehmerkanton Solothurn mit der aktuellen Vorlage 105 Franken pro Kopf aus dem Finanzausgleichstopf erhalten. Würden die Mehreinnahmen aus der Ergänzungssteuer aber nur zu 50 Prozent zu den Kantonen fliessen, würde dieser Betrag auf 70 Franken schrumpfen.
Die HKBB engagiert sich in einem regionalen Abstimmungskomitee, dem Vertretungen aus allen Parteien, von Grünen bis SVP, angehören. Das Motto: Damit das Geld in der Schweiz bleibt.
Beide Basel unterschiedlich betroffen
In beiden Basel sind jeweils 50 Unternehmen direkt von der Mindeststeuer betroffen, die sich teils in mehrere Gesellschaften aufsplitten. Deshalb spricht der Basler Regierungsrat von insgesamt 250 Gesellschaften, die der neuen Steuer unterliegen. Zusammen stellen diese Unternehmen Zehntausende Arbeitsplätze und zahlen Hunderte Millionen Franken Unternehmenssteuern an Bund und Kantone.
Unklar ist, wie gross die Mehreinnahmen tatsächlich ausfallen werden. Grobe Schätzungen gehen landesweit von 1 bis 2,5 Milliarden aus, in Basel-Stadt soll es um 200 bis 300 Millionen gehen, in Baselland um 5 Millionen.
Steuergutschriften für Forschung?
Die HKBB findet es richtig, dass die Kantone zum Grossteil über diese Mehreinnahmen verfügen können, damit sie zugeschnittene Massnahmen für die Standortattraktivität umsetzen und die Wirtschaft bei Laune halten können, auch wenn die Steuervorteile wegfallen. Es sei noch zu früh, dazu genaue Angaben zu machen, sagt Direktor Martin Dätwyler. Doch sei wichtig, dass die betroffenen Unternehmen direkt profitierten. Denn der Wettbewerb werde sich von den Steuern auf andere Faktoren verschieben.
Luca Urgese nennt als Beispiel, dass die Forschung begünstigt werden soll, etwa mit Kooperationen zwischen Hochschulen und Wirtschaft, wovon beide profitierten. Auch eine leistungsfähige Infrastruktur und die Versorgungssicherheit seien wichtig. Grundsätzlich sollten die Instrumente, die andere Länder anwenden, auch bei uns eingesetzt werden dürfen, fordert Urgese. So sollen etwa sogenannte Tax-Credits möglich sein. Das sind Steuergutschriften für Ausgaben für die Forschung.
Erst der Anfang
Auch die Vermögens- und Einkommenssteuern für Private müssten «halt nochmals angeschaut werden», um im Wettbewerb um Arbeitskräfte als Standort attraktiv zu sein, sagt Schneider-Schneiter. Sie geht davon aus, dass die konkreten Massnahmen in beiden Kantonen weitere Abstimmungen nach sich ziehen werden.
Mit der Verfassungsänderung, die nach der Abstimmung vom 18. Juni vorgenommen werden soll, steht die Region Basel erst am Anfang der Mindeststeuer-Diskussion.
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