Gefälschte Corona-TestsGymnasiasten gehören bestraft – aber nicht für Systemfehler
Schüler eines Basler Gymnasiums haben mit Fake-Testergebnissen erreicht, dass ihre Klasse Fernunterricht erhält. Ihre Aktion war respektlos – man machte es ihnen aber auch leicht. Ein Kommentar.

Urkundenfälschung, Verstoss gegen das Epidemiegesetz: Den drei Schülerinnen und Schülern des Basler Gymnasiums Kirschgarten, welche ihre Lehrer und Klassenkameraden mit gefälschten Corona-Testergebnissen veräppelt haben, blüht ein juristisches Verfahren. Das Basler Erziehungsdepartement klärt derzeit ab, welche Straftatbestände genau infrage kommen und zur Anzeige gebracht werden. Unabhängig davon müssen die drei Streichbolde mit Disziplinarmassnahmen an ihrem Gymnasium rechnen. (Mehr dazu im Hintergrundbericht.)
Wird hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen? Sollte man den Vorfall nicht als simplen Jugendstreich behandeln? Dieses Deutungsmuster findet man vereinzelt in Leserkommentaren, aber damit macht man es sich zu leicht: Erstens könnten die Behörden rein rechtlich verpflichtet sein, den Fall zur Anzeige zu bringen. Zweitens zeugt die Aktion von einer Dreistigkeit, die nicht ohne Konsequenzen bleiben darf: Nachdem sich die drei Jugendlichen mit einer gefälschten SMS-Nachricht als positive Corona-Fälle ausgaben, wurden nicht nur sie nach Hause geschickt, sondern über zwanzig Klassenkameraden und Lehrpersonen. Als ob die Pandemiezeit nicht schon kompliziert genug wäre, mussten also zwei Dutzend Familien ihren Alltag wegen fingierter Corona-Tests auf Fernunterricht umstellen. Die Witzbolde nahmen diesen «Kollateralschaden» billigend in Kauf.
Die Jugendlichen haben Lücken im System ausgenutzt, aber nicht geschaffen.
Bemerkenswert an der Aktion ist aber nicht nur die Chuzpe der Jungen, sondern auch die Schwäche des Systems: Als «Beleg» für eine Corona-Infektion dienten den Schülern SMS-Nachrichten, die sie angeblich über das Contact-Tracing erhalten, in Wahrheit aber gefälscht hatten. Auf dem Basar von Corona-Testergebnissen in Papier- und elektronischer Form herrscht offenbar eine solch grosse Vielfalt, dass Lehrer und Erziehungsberechtigte gefälschten Kurznachrichten Glauben schenken. Dazu passt, dass in den Medien immer wieder Fälle von Flugpassagieren publik werden, die sich ihren negativen Corona-Test zu Hause vor der Abreise selber basteln – und damit durch Kontrollen kommen. Von einem einfachen, fälschungssicheren Prüfsystem ist man meilenweit entfernt, die Urkundenfälschung wird zum Kinderspiel.
Das Basler Erziehungsdepartement und die Schulleitung tun also gut daran, die drei Schüler zur Verantwortung zu ziehen, sie aber nicht für Lücken im System zu bestrafen. Die drei haben diese zwar ausgenutzt, aber nicht geschaffen.
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Bedenklich ist eher, dass einem Befund welcher so einfach zu fälschen ist, eine so hohe Bedeutung beigemessen wird. Selbes gilt für die PCR Testergebnisse. Als PDF verschickt, kann mit jedem PDF Editor das Datum beliebig angepasst werden. Das System bittet förmlich darum umgangen zu werden. Eigentlich fahrlässig so etwas einzusetzen.
Grundsätzlich wäre dies ein fantastischer Use Case für Blockchain. Befunde, Tests, Impfungen, etc. werden tokenisiert, können nicht gefälscht / missbraucht werden und das Ganze lässt sich auch noch wunderbar skalieren. Aber wahrscheinlich dauert die Umsetzung leider noch etwas.