Europäisches JugendchorfestivalGratiskonzerte in Basel – Innenstadt bebt vor Emotionen
Wenn die besten Jugendchöre Europas singen, öffnen sich die Herzen der Zuhörerinnen und Zuhörer. Fünf Jahre sind seit dem letzten EJCF vergangen – eine viel zu lange Zeit.

Eine junge Bündnerin in Tracht, die eben noch auf der Bühne gestanden hat, mischt sich unter das zahlreich erschienene Publikum auf dem Barfüsserplatz. Es ist kurz nach halb zwei Uhr am Samstagnachmittag. Das Europäische Jugendchorfestival (EJCF) beschallt an verschiedenen Auftrittsorten die Innenstadt. Neben dem Barfi auch den Münster-, den Theater-, den Rümelinsplatz und auch den Innenhof der Musik-Akademie.
Die junge Bündnerin stösst zufälligerweise auf eine Freundin. Strahlt. Weil die andere junge Frau den Weg aus dem Heimatkanton bis ans Rheinknie auf sich genommen hat, um ihren Auftritt und den anderer Chöre mitzuverfolgen.

Nur eine kleine Szene am Rande. Auf dem sich rasch füllenden Barfi begeistert mittlerweile schon der nächste Chor, denn es geht Schlag auf Schlag. Sehr rasch sind es gut und gern 1500 Menschen, die einen grossen Halbkreis bilden mit spielenden Kindern unmittelbar vor der Bühne und jeder Menge Zuhörerinnen und Zuhörer jeglichen Alters.
Fünf lange Jahre sind seit dem letzten EJCF ins Land gezogen. 2018 ging es zum letzten Mal regulär über die Bühne. «2020 waren wir parat, mussten aber wegen Corona leider alles absagen», sagt die Festivaldirektorin Kathrin Renggli. Im Jahr darauf fanden zwar Workshops statt, man traf sich in Basel, aber das Singen vor Publikum war immer noch nicht erlaubt. Umso grösser jetzt die Freude. Und die Leidenschaft.
«Wenn Chöre erleben, wie es sich anfühlt, hier in Basel auftreten zu können, fragen sie nachher nicht mehr, ob sich all der Aufwand lohnt», sagt Renggli. Eben wegen der ganz grossen Gefühle. Wegen all den Emotionen und all der Passion für das Singen. «Das Erlebnis hilft den Chören, zu verstehen, dass es weitergeht. Es ist nicht nur das Geniessen des Moments, sondern auch eine Investition in die Zukunft.»
Die internationalen Chöre, ob aus Israel oder Litauen, aus der Ukraine oder von den Philippinen, werden von der Festivalleiterin handverlesen. «Rund die Hälfte der Chöre, die jetzt in Basel sind, waren schon für 2020 im Programm. Wir mussten sie vertrösten.» Andere Chöre sind neu dazugekommen.

Was aber Kathrin Renggli besonders freut, ist die zunehmende Begeisterung hierzulande. «Auf dem Münsterplatz haben wir am Samstag eine eigene Schiene nur mit Chören aus der Schweiz programmiert», sagt sie. Die Schweiz, vom Tessin bis an den Rhein, vom Bodensee bis an den Genfersee, lässt sich am EJCF mittlerweile mehr einbinden als in früheren Jahren. Wenn man sich unter das Publikum auf dem Barfi oder auf dem Münsterplatz mischt, hört man schnell, dass Renggli recht hat: Da sind ganz verschiedene Dialekte auszumachen.
Stars sind sie alle
Und auch wenn die Festivalleiterin von den «Sahnehäubchen» redet, und damit die ausgezeichneten Chöre aus fernen Ländern meint, ist sie weit davon entfernt, einen einzelnen Chor hervorzuheben oder von «Stars» zu sprechen. Alle sollen gleich viel wert sein, keiner sticht heraus.
Nach einem Abstecher auf den Münster- zurück zum Barfüsserplatz. Dort stellt der Knabenchor Dagilèlis aus Litauen gerade seine Zauberkraft unter Beweis: Mit Stimmen und Geräuschen erwächst ein Dschungel vor dem inneren Auge. Man hört Affen kreischen und lachen, exotische Vögel pfeifen auf den ungesehenen Bäumen und aus all dem entsteht «The Lion Sleeps Tonight». Grossartig.
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