Grabenkämpfe nach der NRW-Wahl
Die Verliererparteien zermürben sich in Schuldvorwürfen. In der CDU scheint es ausser Angela Merkel wenig andere Zugpferde zu geben. Und bei der Partei Die Linke eskaliert ein Machtkampf.

Nach der historischen Wahlschlappe in Nordrhein-Westfalen weht der CDU in Deutschland von allen Seiten heftiger Gegenwind ins Gesicht. Die Partei Die Linke zermatert sich derweil im Grabenkampf.
Bundeskanzlerin Angela Merkel räumte die Niederlage im bevölkerungsreichsten Bundesland am Montag unumwunden ein, betonte aber, für Berlin hielten sich die Folgen in Grenzen.
Merkel betonte, bundesweit seien die Lager von Rot-Grün und Schwarz-Gelb ähnlich stark. Allerdings sei festzustellen, dass die Zahl der Stammwähler immer kleiner werde. Inhaltlich habe die CDU weiter mit der FDP auf Bundesebene die grössten Gemeinsamkeiten. Zugleich versuchte die CDU-Vorsitzende eine Debatte über eine Neuausrichtung der Partei zu bremsen.
Mehrere Mitglieder des CDU-Bundesvorstands übten dagegen Kritik an der Aufstellung der Partei. Die Fokussierung auf Sparpolitik reiche nicht aus, hiess es. «Der CDU fehlt eine überzeugende innenpolitische Agenda», kritisierte ein Teilnehmer.
Schuldzuweisung an CDU in Berlin
Die nordrhein-westfälische CDU machte auch die Bundespartei für die Wahlschlappe verantwortlich. NRW-Generalsekretär Oliver Wittke sagte, die Partei müsse ihr wirtschaftspolitisches Profil schärfen. Seitdem Friedrich Merz in der Partei keine Funktionen mehr habe, fehle der CDU sowohl in Nordrhein-Westfalen auch darüber hinaus ein «wirtschaftspolitisches Gesicht».
Die Bundes-FDP war am Montag nach dem souveränen Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag zwar bemüht, sich als verlässlichen Koalitionspartner zu präsentieren.
Parteichef Philipp Rösler sprach von einem «Vorschussvertrauen» der Wähler, das durch «solides seriöses Arbeiten in dieser Regierungskoalition» gerechtfertigt werden müsse. Die FDP wolle aber Korrektiv und «Stimme der Vernunft» in dem Bündnis sein.
Führende Liberale sprachen sich zudem dafür aus, die FDP im Bund stärker von ihrer Bindung an die Union zu lösen und sich offen für ein «Ampel»-Bündnis mit SPD und Grünen zu zeigen. Lindner, der für die FDP 8,6 Prozent holte, unterstrich, die FDP habe in NRW aus einer unabhängigen Position heraus Antworten gegeben.
Merkel hält an Verlierer Röttgen fest
An Röttgen als Bundesumweltminister will Merkel vorerst festhalten. Für die Umsetzung der Energiewende sei Kontinuität nötig. Bayerns Ministerpräsident Seehofer forderte indes eine entschiedenere Haltung des Umweltministers bei der Umsetzung der Energiewende.
Auch Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht warf Röttgen mangelnde Eindeutigkeit vor und gratulierte demonstrativ SPD- Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.
Rückkehr von Lafontaine in die Linke
Das Pokern um die Führungsspitze der Linken eskaliert derweil in einen offenen Machtkampf: Ex-Parteichef Oskar Lafontaine will offenbar zurückkehren und stellt dafür Bedingungen. Das bringt seine innerparteilichen Kritiker in Rage. Bundestagsfraktionsvize Dietmar Bartsch hielt am Montag an seiner Kandidatur für den Vorsitz fest. Er will aber keinesfalls Vize unter Lafontaine werden. Am Dienstag könnte eine Vorentscheidung fallen.
«Spiegel Online» berichtete von konkreten Voraussetzungen für Lafontaines Kandidatur. Unter anderem wolle er seine Lebensgefährtin, Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht, zur Fraktionschefin machen. Sie solle gleichberechtigt mit Gregor Gysi an der Spitze der Abgeordneten stehen. Gysi lehne das aber ab.
Der Linke-Vorsitzende Klaus Ernst warb am Montag offen für Lafontaine. Er würde es «selbstverständlich befürworten», wenn der Ex-Parteichef ins Spitzenamt zurückkehrte. Ernst lobte nach einer Vorstandssitzung die Qualitäten des saarländischen Fraktionschefs, etwa dessen «überragende rhetorische Fähigkeiten». Er glaube, «dass wir mit Oskar Lafontaine auf alle Fälle gewinnen würden». Auch sei die Wirkung Lafontaines in der Parteibasis im Osten viel besser als häufig behauptet. Seine eigenen Pläne liess Ernst im Dunkeln.
Unterstützung für Lafontaine kam auch vom Landeschef der Linken in Baden-Württemberg, Bernd Riexinger, und vom Rechtsexperten der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Neskovic. Das Comeback sei «die einzige Chance, die Linke aus dem augenblicklichen Tief herauszuholen», sagte Nesckovic. Im Gegensatz dazu wäre Bartsch «der Sargnagel für eine gesamtdeutschen Linke».
Kritik am «Gestus des Retters»
Bartsch hält aber an der Kandidatur fest. «Mein Angebot steht», sagte er. Zugleich schloss er aus, einen Vize-Posten unter Lafontaine zu übernehmen. Das könne er sich nicht vorstellen. Bartsch war von 2008 bis 2010 unter Parteichef Lafontaine Bundesgeschäftsführer, stellte seinen Posten jedoch nach heftigen Konflikten mit dem Vorsitzenden zur Verfügung.
Bartschs Unterstützer zeigten sich am Montag über Lafontaine empört. «Oskar Lafontaine hätte schon vor Wochen die Karten auf den Tisch legen können», sagte Bodo Ramelow, Linksfraktionschef in Thüringen, «Spiegel Online». «Jetzt tritt er plötzlich mit dem Gestus des Retters auf, der uns zeigen will, wie man die Partei wieder nach vorne bringt. Das passt nicht zu einer emanzipatorischen Linken.»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch