Glencore nutzt Ignazio Cassis für PR-Kampagne
Der Aussenminister hat in Afrika eine umstrittene Kupfermine gelobt. Deren Betreiberin schaltete gleich einen Werbetweet.

Es ist die erste Afrikareise von Aussenminister Ignazio Cassis (FDP). Die Bilder von seiner ersten Reisedestination Sambia überraschen. Sie zeigen Cassis nicht etwa im Gespräch mit dem sambischen Präsidenten Edgar Chagwa Lungu, sondern auf dem Gelände der Kupfermine Mopani, eines Tochterunternehmens des Schweizer Rohstoffkonzerns Glencore.
Die Mine wird seit Jahren weltweit kritisiert. Medien und Nichtregierungsorganisationen werfen den Betreibern und damit Glencore vor, in Sambia keine Steuern zu bezahlen, Anwohner zu vergiften und die Umwelt zu zerstören. Oliver Classen, Sprecher der NGO Public Eye, verweist auf einen Rechenschaftsbericht, den Glencore aufgrund einer EU-Direktive veröffentlichen musste. Darin bestätigt der Rohstoffmulti, dem sambischen Staat keinen Rappen Gewinnsteuern abzuliefern. «Glencore ist heute Teil der Probleme von Sambia, nicht Teil der Lösung», so Classen.
Aussenminister Cassis sieht das anders. Ihm gefiel, was er in der Mopani-Mine sah. «Beeindruckt vom Engagement zur Modernisierung der Anlagen und der Ausbildung der Jungen», schreibt er in einem Tweet. Ein Foto zeigt den Aussenminister, wie er entspannnt mit einem weissen Helm, gelber Sicherheitsweste und in Jeans über das Gelände schlendert.

Die Aufnahme gefiel den Verantwortlichen von Glencore. Der Rohstoffkonzern verbreitete sie bis gestern Abend als bezahlten Werbetweet und schrieb: «Das Zentrum benützt die neueste Technologie, um Studierende und Angestellte auszubilden.» Glencore-Sprecherin Sarah Antenore sagt: «Wir haben uns über den Besuch von Ignazio Cassis gefreut. Mit dem Tweet wollten wir zeigen, dass das Team vor Ort gute Arbeit leistet.»
Cassis wollte die Mine sehen
«Glencore bat Bundesrat Cassis nicht um Erlaubnis, den Tweet zu veröffentlichen», sagt Cassis' Sprecher Jean-Marc Crevoisier, der den Aussenminister auf der Afrikareise begleitet. Er macht dem Konzern aber keinen Vorwurf. Wenn man soziale Medien nutze, müsse man damit rechnen, dass Tweets anderweitig verwendet würden, sagt Crevoisier.
Der Vorschlag für den Minenbesuch kam aus dem Departement. Cassis habe dann selbst entschieden, wo er bei seiner Afrikareise haltmachen wolle, so Crevoisier. Im Übrigen habe er mit eigenen Augen gesehen, dass Glencore in die von NGOs heftig kritisierte Mine erheblich investiere.
Carlo Sommaruga: «Ich bin zutiefst schockiert»
Cassis' Glencore-Besuch kommt in einem delikaten Moment. Das Parlament berät derzeit die Konzernverantwortlichkeitsinitiative. Diese verpflichtet Unternehmen, Mensch und Umwelt besser zu schützen. Der Nationalrat hatte im letzten Juni einen indirekten Gegenvorschlag verabschiedet, der den Wünschen der Initianten entspricht.
Im Februar berät die Rechtskommission des Ständerats das Geschäft. Rohstoffkonzerne wie Glencore betreiben schon seit Monaten Imagewerbung, wohl auch um eine moderate Umsetzung der Initiative zu erreichen. Für Beat Gerber, Sprecher von Amnesty International Schweiz, hat Cassis' Besuch in der Glencore-Mine darum «einen schalen Beigeschmack».
Nationalrat Carlo Sommaruga (SP/GE) kritisiert Cassis: «Ich bin zutiefst schockiert.» Cassis sei Aussen-, nicht Wirtschaftsminister. Als Aussenminister solle er sich prioritär um politische Beziehungen, Entwicklungszusammenarbeit und die Einhaltung der Menschenrechte kümmern und nicht einen umstrittenen Konzern besuchen.
SVP-Nationalrat Roland Büchel findet den Tweet zwar «weniger gut», kritisiert Cassis' Besuch der Mine aber nicht. Man müsse immer mit den Leuten reden. «Es macht Sinn, sich vor Ort eine Meinung zu bilden», so der St. Galler.
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