Zweiter Wahlgang ausgezähltGenfer Stadtrat wird grüner
Die Grünen werfen bei den Genfer Gemeindewahlen die Alternative Linke aus der Stadtregierung. Die FDP wiederum scheitert mit ihrem Angriff auf die CVP.

Frauen, SP und Grüne haben die Gemeindewahlen in der Stadt Genf vom Sonntag für sich entschieden. Wegen der Corona-Pandemie dauerte die Auszählung bis am Dienstag. SP-Mann Sami Kanaan, der als einziger amtierender Stadtrat zur Wiederwahl antrat, erreichte mit 18’054 Stimmen das beste Ergebnis. Dahinter folgten Parteikollegin Christina Kitsos (17’438 Stimmen) und die Grünen Frédérique Perler (15’872 Stimmen) und Alfonso Gomez (14’694 Stimmen). Die Grünen sind in der Genfer Exekutive neu doppelt vertreten, anstelle der Arbeiterpartei, die ihren Sitz abgeben muss. CVP-Politikerin Marie Barbey-Chappuis (13’165 Stimmen) sorgte als Fünftplatzierte dafür, dass die Frauen in der künftigen Stadtregierung in der Mehrheit sind. Zugleich gelang es Barbey-Chappuis, den Sitz ihres zurücktretenden Parteikollegen Guillaume Barazzone zu verteidigen.
Den CVP-Sitz attackierte die FDP mit Simon Brandt. Im ersten Wahlgang vom 15. März hatte sich Brandt noch vor Marie Barbey-Chappuis geschoben. Im zweiten Wahlgang verlor er 1400 Stimmen auf sie. Brandts Kandidatur war umstritten, weil die Staatsanwaltschaft gegen den langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiter und Vertrauten von FDP-Staatsrat Pierre Maudet ein Strafverfahren führte und ihn gar verhaften liess. Die Justiz bezichtigte ihn, Journalisten einen Bericht über die Spesenexzesse der Genfer Stadtregierung zugespielt zu haben.
Abrechnung innerhalb der FDP
Der Genfer Anwalt und FDP-Politiker Thomas Barth reagierte auf Brandts Scheitern mit einem kritischen Tweet: «Eine wahre Katastrophe für die FDP. Die Wähler haben kein Vertrauen mehr. Wir wissen nur allzu gut, warum.» Barth spielte auf die Affäre um Pierre Maudet an, gegen den die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme führt. Die FDP erlitt schon bei den National- und Ständeratswahlen Verluste. Nun musste sie abermals Einbussen hinnehmen. Nicht nur in der Stadt, auch in diversen anderen Genfer Gemeinden brach der Freisinn ein.
Die Durchführung der Wahlen war wegen der Corona-Pandemie umstritten. Die Kandidaten mussten auf öffentliche Auftritte verzichten und betrieben einen virtuellen Wahlkampf per SMS, Whatsapp, Facebook und Postkarten. Einzelne Parteien befürchteten, ihre Wähler nicht zu erreichen, oder dass diese sich entscheiden würden, gar nicht zu wählen. Der Kanton Genf bot den Bürgern Hilfe an: die briefliche Wahl; die ausgefüllten Wahlzettel zu bestimmten Zeiten in einen Briefkasten einzuwerfen oder aber die Wahlzettel von der Gemeindepolizei vor ihren Türen abholen zu lassen. Klar war, dass die Auszählung wegen der Corona-Bestimmungen zwei Tage dauern würde.
Die SVP, das MCG und die Linksallianz SolidaritéS forderten nach dem ersten Wahlgang vom 15. März, den zweiten Wahlgang vom 5. April zu verschieben. Die Kantonsregierung entschied anders. Ein Rekurs ans kantonale Verfassungsgericht blieb chancenlos.
In der Stadt Genf lag die Wahlbeteiligung bei 28 Prozent. Der im Amt bestätigte SP-Stadtrat Sami Kanaan sagt: «Es war richtig, die Wahlen zu beenden. Die Abstände zwischen den Kandidaten sind klar. So bleiben alle Regierungsposten besetzt.» Hätte der zweite Wahlgang im Herbst stattgefunden, hätte man auch den ersten Wahlgang wiederholen müssen, so Kanaan.
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