Playoff-Start ohne SRFGehört das Schweizer Eishockey zurück ins Schweizer Fernsehen?
In wenigen Tagen beginnen die Playoffs der National League – zum ersten Mal ohne umfassende Berichterstattung durch SRF.

Ja. Ohne die reichweitenstarke Plattform von SRF verkümmert das nationale Eishockey.
Kleiner Test: Kennen Sie den Topskorer der National League? Können Sie – ohne die Hilfe von Google – sagen, welches Team in der Tabelle oben steht? Wissen Sie, wer ab Dienstag in den Pre-Playoffs gegen wen antritt? Fragen Sie sich gerade, wieso Sie das alles nicht beantworten können?
Aber keine Angst, Sie sind nicht allein! Es dürfte noch viele andere geben, für die das nationale Eishockey gerade ganz weit weg ist. Und das hat einen simplen Grund: Seit dieser Saison ist SRF nicht mehr Vertragspartner der National League.
Wer alle Spiele der Qualifikation verfolgen will, muss ein Mysports-Abo zahlen. Wer sich für das Topspiel der Woche interessiert, muss am Sonntag TV24 schauen. Für Highlights gibt es zudem den «Blick»-Stream. SRF jedoch zeigt am Abend nicht mal die Zusammenfassungen der Runde.
Mit «Eishockey – Inside» gibt es zwar ein Format mit tiefgründigen Gesprächen und Einblicken. Aber das, was wirklich interessiert, nämlich Spiele, Tore und die Stimmung in den Stadien, findet man bei SRF nur noch gut versteckt im Kleingedruckten.
Natürlich kann man sagen, dass die SRG die grosse Verliererin dieser Konstellation ist. Dass man sich in den Verhandlungen zu sehr auf die eigene Strahlkraft verlassen und gedacht hat: Ohne uns kommt die National League eh nicht aus. Aber einen noch grösseren Schaden trägt das Schweizer Eishockey davon.
«Die Hardcore-Fans schalten eh ein, das ist klar. Aber die Gelegenheitszuschauer werden fehlen.»
Wie jeder andere Sport funktioniert auch Eishockey über Personen, über Figuren und über – Achtung, ganz schlimmes Wort – Storytelling. Menschen schalten dann ein, wenn sie wissen, wer die Helden sind, die Antihelden, die Rivalen und Erzfeinde. Und genau diese regelmässige Grundversorgung fehlt, wenn SRF kein Eishockey mehr zeigt.
Das wird man merken, wenn am 14. März die Playoffs beginnen. Die eingefleischten Hardcore-Fans schalten ein, das ist sowieso klar. Aber die Gelegenheitszuschauer werden fehlen. Diejenigen, die Eishockey in all den Jahren über die Kurzbeiträge von SRF konsumiert und dann pünktlich zum Playoff-Start den Fernseher eingeschaltet haben.
Sie werden kein kostenpflichtiges Abo lösen für einen Sport, von dem sie das ganze Jahr nichts mitbekommen. Ihnen wird es zu viel sein, auf den hinteren Plätzen ihrer Programmübersicht einen Sender namens TV24 zu suchen. Und sie gehen auf lange Sicht für den Sport verloren.
Die aktuelle Rechte-Situation gilt noch bis zum Jahr 2027. Das ist eine lange Zeit, in der die National League weiter in den Hintergrund rückt, wenn sich nichts ändert. Das kann unmöglich im Sinne des Schweizer Eishockeys sein. Tilman Pauls
Nein, der Verlust der Rechte ist eine Niederlage für die SRG, nicht aber für den Fan. Dieser bekommt so viel Hockey zu sehen wie zuvor noch nie.
Die SRG hat die Übertragungsrechte für TV-Livebilder der Schweizer Eishockey-Meisterschaft für fünf Jahre verloren. Bis 2027. Was sicherlich eine Niederlage für das staatstragende Fernsehen darstellt, ist jedoch mitnichten eine für den Zuschauer. Dieser bekommt seit Beginn der laufenden Saison so viel Livehockey geboten wie noch nie.
Den Verlust der Rechte hat die SRG selbst zu verantworten. Zu arrogant, zu unnachgiebig sei man in Leutschenbach in den Verhandlungen um das Paket der National League gewesen. Während sich die SRG jüngst für teures Geld die Rechte an der Uefa Champions League zurückholte, war man für ein nationales Produkt wie die National League hingegen nicht bereit, tief in die Tasche zu greifen.
Also schlugen andere zu: Übertragungen sind dem Pay-TV-Sender Mysports vorbehalten, dessen Bilder für ausgewählte Spiele auch von TV24 sowie Blick TV übernommen werden. Wer also nicht bereit ist, ein kostenpflichtiges Abo zu lösen, kommt dennoch auf seine Kosten. Und zwar in einem breiteren Angebot als jenes, das SRF bot.
«Wer nicht bereit ist, ein kostenpflichtiges Abo zu lösen, kommt dennoch auf seine Kosten.»
Dass Zusammenfassungen der Spiele nicht mehr auf der SRF-Online-Plattform verfügbar sind, fällt ebenfalls nicht besonders ins Gewicht. Auf Mysports sind die Highlights aller Partien umsonst zugänglich, und dies – anders als bei SRF – bereits unmittelbar nach Spielschluss. Auf sozialen Medien der Clubs können Rückblendungen sogar bereits während einer laufenden Partie konsumiert werden.
Nun ist es ja aber keineswegs so, dass die SRG gänzlich auf jegliche Übertragungen von Eishockey-Spielen verzichtet. Neben dem Hintergrund-Magazin «Eishockey – Inside» werden auch die Spiele des Spengler-Cups sowie Länderspiele und WM-Partien der Männer und Frauen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu sehen sein.
Sowohl die Liga als auch die Clubs sind überzeugt, dass das neue Modell Früchte tragen wird: NL-Direktor Denis Vaucher geht davon aus, «dass wir bei der marktrelevanten Zuschauergruppe der 15- bis 49-Jährigen mindestens die gleiche Reichweite erreichen können». Auch Marco Werder, CEO des HC Lugano, ist zuversichtlich: «Das Eishockey ist in unserem Kanton so in aller Munde, dass auch bei einem anderen Sender innert kurzer Zeit gute Zahlen erreicht werden sollten.»
Treffen diese Prognosen ein, wird wohl niemand mehr die National League auf SRF vermissen – ausser vielleicht die SRG selbst. Benjamin Schmidt
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