Impfdebatte rund um CNN-Mann John KingFür «Lügen über die Impfung» hat er kein Verständnis
Der rechte Sender Fox News säte Zweifel an der Wirksamkeit der Corona-Impfung. Da platzte TV-Celebrity John King der Kragen – und er gab ein Geheimnis preis.

An seinen Lippen hing die Welt: Starjournalist John King kommentierte im US-Sender CNN die endlose Wahlnacht vom 3. November 2020, unermüdlich und unaufgeregt. Es mache eine Menge Spass, sagte er gelassen lächelnd während seines Marathons vor der grossen interaktiven Wahlgrafik, der «Magic Wall», die sich mal republikanisch rot einfärbte, mal demokratisch blau. Zwischendurch klopfte er manch lockeren Spruch, derweil beim Publikum rund um den Globus die Nerven blank lagen.
Dann wieder huschten Kings Finger auf der Magic Wall von einem Wahlbezirk zum nächsten, zoomten tief hinein in die geopolitischen Eigenheiten der USA. Zugleich kalkulierte er für uns, spekulierte, relativierte: dirigierte meisterhaft durch die Nacht. Und wurde am Morgen gefeiert.
1963 geboren, glänzte King früh als Politjournalist und ging 1997 zu CNN. Dort arbeitet er heute als leitender Inlandkorrespondent und Moderator der Talkshow «Inside Politics». Jetzt aber weiss man: Hinter der Leichtigkeit, der mentalen und motorischen Beweglichkeit steckt ein harter Kampf.

Ende der 1990er begann es mit Taubheit in den Beinen; seit 2008 lebt King mit der Diagnose multiple Sklerose. Er hielt sie geheim, machte weiter wie gehabt, bekam 2011, in seiner zweiten (2012 gescheiterten) Ehe, das dritte Kind. Aber am Dienstag brach er in «Inside Politics» ungeplant sein Schweigen.
Denn kurz zuvor hatte Fox-News-Kommentator Tucker Carlson wieder einmal Zweifel am Nutzen von Corona-Impfungen gesät; just sei doch der doppelt geimpfte Ex-Aussenminister Colin Powell an Covid-19 gestorben. «Ich verrate nun ein Geheimnis», konterte King aufgewühlt. «Ich habe multiple Sklerose. Ich bin dankbar, dass mein Arbeitgeber sagt, dass all die tollen Leute, die hier arbeiten, geimpft sind.»
Solche Vorschriften von Regierung oder Arbeitgeber möge er zwar nicht, aber «in diesem Fall ist es wichtig». Er sorge sich auch um seinen zehnjährigen Sohn, der noch nicht geimpft werden könne. Im nachfolgenden Interview erläuterte King: Die medizinischen Daten seien schlagend; als immunsupprimierter Betroffener verstehe er keinen, «der morgens aufsteht, selbst geimpft ist und willentlich lügt – für die Aufmerksamkeit und Klicks».
«Bis zu Thanksgiving im November wird, zahlenmässig, die Bevölkerung von Denver durch Covid ausgelöscht sein.»
Man könne Vor- und Nachteile der Impfpflicht diskutieren, aber bitte faktenbasiert. «Die Impfungen wirken. Und neben den Millionen MS-Kranken gibts zahllose andere Immungeschwächte, wie General Powell.» In den letzten 13 Jahren habe er erfahren: Viele versteckten ihr Leiden. Wieso nicht um ihretwillen eine Impfung akzeptieren, die nachweislich sicher sei? Und was sei so schlimm daran, im Laden eine Maske zu tragen?
Über die Impfung zu lügen, noch mehr Tote zu riskieren, die alle jemandes Schatz und Held seien: Das sei unfassbar. Wo bleibe der Gemeinschaftssinn? «Bis zu Thanksgiving im November wird, zahlenmässig, die Bevölkerung von Denver durch Covid ausgelöscht sein. Reicht das nicht, um zu sagen: Lasst uns die politischen Differenzen beiseiteschieben und auf die Fakten fokussieren?»
John King bekräftigt, anders als andere habe er Glück gehabt und das Privileg einer hervorragenden medizinischen Betreuung. Manchmal falle er hin, könne die Tasse nicht halten; auch während der Wahlwoche habe er schwierige Momente erlebt. Aber die Herausforderungen hätten ihn gestärkt, und er habe hoffentlich mehr Empathie gelernt. Die legt er uns allen ans Herz.
Alexandra Kedves arbeitet als Kulturredaktorin im Ressort Leben. Sie schreibt schwerpunktmässig über Theater sowie über gesellschafts- und bildungspolitische Themen. Studium der Germanistik, Anglistik und Philosophie in Konstanz, Oxford und Freiburg i Br.
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