Baumfällungen an der MargarethenstrasseFünf Bäume wären unter Schutz
GLP-Baudirektorin Esther Keller irrt mit ihrer Aussage zu Umfang und Schutzstatus der Kugelahorne.

Insgesamt 17 Kugelahorne will das Bau- und Verkehrsdepartement am 2. August an der Margarethenstrasse im Gundeli fällen. Die Bäume müssen weichen, weil die Haltestelle Margarethen behindertengerecht umgebaut werden muss. Dazu will das Baudepartement die in einer leichten Kurve liegende Haltestelle begradigen und auf Kosten der Bäume in Richtung Bahnhof versetzen. Die Verlegung ist nötig, weil die Trams der BVB über keine Schiebetritte bei den Türen verfügen. Aus- und einziehbare Schiebetritte könnten den Abstand zur Haltekante in einer kurvigen Haltestelle schliessen – eine Versetzung derselben wäre unnötig.
Die bevorstehende Fällung hat Protest ausgelöst. Anwohner haben eine Petition mit 470 Unterschriften eingereicht, und Politiker haben Anfragen an die Regierung gestellt. Es stört die Praxis. Einerseits will die Exekutive mit einem Klimakonzept gegen den Klimawandel und sogenannte Hitzeinseln in der Stadt vorgehen und mehr Bäume und Gebüsche – die sie neudeutsch «tiny forests» nennt – pflanzen. Andererseits befürwortet die zuständige GLP-Regierungsrätin Esther Keller nun die Abholzung von 17 kerngesunden Kugelahornen. In einem Interview mit der BaZ sagte Keller kürzlich zu ihrer Doppelrolle, dass sie sich «nicht in letzter Sekunde vor die Bagger» werfen könne. Zudem betonte die Baudirektorin, dass ihr «die Hände gebunden» seien. Die Kugelahorne hätten keinen Schutzstatus. «Der Stammumfang der Kugelahorne ist kleiner als 90 Zentimeter. Die Bäume unterliegen deshalb nicht dem Baumschutzgesetz.»
Auch dünne Erstpflanzung unter Schutz
Mit dieser Aussage irrt Keller. Wie Messungen der BaZ mit einem Massband vor Ort ergeben, weisen 4 der 17 Kugelahorne einen Meter über dem Boden einen Umfang von über 90 Zentimetern auf. Dazu heisst es im kantonalen Baumschutzgesetz in Paragraf 4: «Ausserhalb der im Zonenplan mit grüner Schraffur gekennzeichneten Gebiete sind Bäume geschützt, deren Stamm einen Meter über dem Boden einen Umfang von über 90 cm (rund 30 cm Durchmesser) aufweist.» Vier Bäume sind wegen ihres Umfangs per Gesetz somit geschützt. Hinzu kommt ein weiterer Kugelahorn, der unter Schutz steht. Die Stadtgärtnerei hat diesen Baum im März 2009 gepflanzt. Er weist zwar nur einen Stammumfang von 43 Zentimetern auf. Gemäss dem kantonalen Baumkataster handelt es sich aber um eine sogenannte geschützte Erstpflanzung.
Um nicht gegen das Gesetz zu verstossen, müsste das Bau- und Verkehrsdepartement bei der Stadtgärtnerei für die fünf betroffenen Bäume ein Fällgesuch einholen. Denn geschützte Bäume bedürfen nach Gesetz einer «besonderen» Bewilligung zur Fällung. Das Gesuch müsste publiziert werden, damit Anwohner oder Baumschützer dagegen Einsprache erheben könnten. Die ebenso zur Abholzung befragte Baumschutzkommission hat ihren Segen zur Abholzung allerdings bereits vor fünf Jahren gegeben. Wie Robert Zeller, Präsident der kantonalen Baumschutzkommission, gegenüber der BaZ sagte, sei das Schicksal der Bäume besiegelt. Anlässlich einer Begehung im November 2016 habe sich herausgestellt, «dass nahezu alle zur Fällung beantragten Kugelahorne einen Stammumfang von weniger als 90 Zentimetern hatten, weshalb sie nicht unter den Schutz des Basler Baumschutzgesetzes fallen».
Baudirektorin verteidigt sich
Das Bau- und Verkehrsdepartement widerspricht auf Anfrage den Aussagen von Keller und Zeller, dass die fünf Bäume nicht unter das Baumschutzgesetz fallen würden – respektive darunter gefallen sind. Wie Mediensprecherin Melanie Honegger schreibt, hätten die drei ersten in der Grafik rot eingezeichneten Bäume in der rechten Baumreihe zum Zeitpunkt der Baugesuchseingabe und der Baubewilligung im Juni 2019 unter Schutz gestanden. Der letzte Baum in der Reihe habe den Schutzstatus zwischen Bewilligungsverfahren und Baubeginn vor wenigen Wochen erreicht. Er misst heute 91 Zentimeter. Damit bestätigt Honegger die Recherchen der BaZ.
Für sämtliche Bäume ist die Fällbewilligung gemäss Honegger am 25. Juni 2019 erteilt worden. Einsprachen gegen das Baumfällgesuch und die Baumfällungen hätten die Anwohner hingegen zwischen dem 6. März und dem 4. April 2017 machen müssen. Wie Honegger ausführt, habe das Plandossier damals während 30 Tagen beim Bau- und Verkehrsdepartement sowie in der Gemeindeverwaltung von Binningen öffentlich aufgelegen. Die Baumfällung wurde somit im Zuge des von der Baselbieter Stimmbevölkerung an der Abstimmung im September 2017 abgelehnten Tramprojekts am Margarethenstich publiziert. Einspruch erhob einzig der WWF – er wurde abgelehnt.
Es bleibt die Frage, weshalb Esther Keller der Öffentlichkeit erklärt, dass ihr die Hände gebunden seien, weil die Bäume nicht dem Baumschutzgesetz unterlägen. Keller verteidigt sich dazu schriftlich: «Tatsächlich war diese Antwort nicht ganz präzise. Richtig wäre gewesen, dass ein Grossteil der Bäume nicht unter den Baumschutz fällt.»
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