Frischs scharfer Blick auf Günter Grass
Max Frischs «Berliner Journal» enthält feine Porträts berühmter Kollegen. Heute im Visier: Der auftrittssüchtige Günter Grass.
Kommende Woche erscheint im Suhrkamp-Verlag jenes «Berliner Journal», das Max Frisch in den 70er-Jahren verfasste und mit einer langjährigen Sperrfrist versah – vor allem wegen Aufzeichnungen über seine scheiternde Ehe. Aus Rücksicht auf die noch lebende zweite Frau Marianne sind diese Passagen in der Veröffentlichung nicht enthalten. Dafür enthält das «Berliner Journal» hinreissende Porträts der Kollegen, mit denen er in den Berliner Jahren intensiven Umgang hatte: Hans Magnus Enzensberger, Uwe Johnson, Alfred Andersch und Günter Grass. Grass wohnte im selben Viertel und bewirtete das Ehepaar Frisch schon am ersten Abend («Nieren», heisst es lakonisch im Tagebuch; Grass war ein begeisterter und bei manchen Gästen wegen der Deftigkeit seiner Gerichte berüchtigter Koch).