Gymnasium wird in Stein gebautDie unteren Fricktaler sind bitter enttäuscht
Auch Rheinfelden hat um den Standort für das Gymnasium gekämpft, wurde aber nicht berücksichtigt.

Franco Mazzi, Stadtpräsident von Rheinfelden, hatte um den Standort der Mittelschule gekämpft wie ein Löwe. Er hatte seine Gemeinde angepriesen und schon eine verkaufs- und baureife Parzelle bereitgehalten – vergeblich. Am Freitag hat die Regierung bekannt gegeben, dass sie dem Grossen Rat den Standort Stein vorschlagen werde.
«Viele Gründe sprechen für diesen Standort», argumentiert Bildungsdirektor Alex Hürzeler. Durch die zentrale geografische Lage im Fricktal sei Stein für das gesamte Fricktal gut erreichbar. Ausserdem erlaube das Areal mit fast vier Hektaren Fläche eine optimale Nutzung und verfüge über Erweiterungspotenzial.
Hinter dem Entscheid des Regierungsrats stecken auch wirtschaftliche Gründe. Der Kanton Aargau arbeitet mit den vier Gemeinden Stein, Sisseln, Eiken und Münchwilen schon lange an der Zukunft des Sisslerfeldes, an dessen Rand sich die Mittelschule befinden würde.
Die Regierung will erfolgreiche Unternehmen mit Tausenden hoch qualifizierten Arbeitsplätzen herholen, Wohnungen bauen und Wohlstand sowie Lebensqualität im mittleren Fricktal sichern. Mit der Mittelschule ist sie diesem Ziel einen Schritt näher. Allerdings liegt das Gebiet doch ein gutes Stück vom Bahnhof entfernt. Die Lehrerverbände hatten sich denn auch gegen diesen Standort gewehrt.
Untere Fricktaler bitter enttäuscht
Franco Mazzi zeigt sich vom Entscheid des Regierungsrats sehr enttäuscht. «Der Regierungsrat gewichtet offensichtlich gleichwertige Standorte nicht nach dem Sinn der künftigen Nutzer, also Lehrpersonen und Schüler, sondern nach wirtschaftlichen Aussichten.» Auch wenn das Potenzial an Arbeitsplätzen plötzlich relevant werde für den Standort einer Mittelschule, wie bei diesem Entscheid, hätte Rheinfelden gewählt werden müssen. Schon jetzt hätten allein Möhlin, Magden, Rheinfelden und Kaiseraugst insgesamt 20’000 Arbeitsplätze und 500’000 Quadratmeter Entwicklungsflächen. Doch Mazzi sorgt sich vor allem um die vielen jungen Leute und Lehrpersonen, die in einigen Jahren täglich nach Stein reisen müssen.
Eine grosse Freude hat hingegen Beat Käser, Gemeindeammann von Stein: «Das ist ein wichtiger Entscheid für die Gemeinde. Ich hoffe, dass der Grosse Rat im Herbst zustimmt», sagt er. Auch die bürgerlichen Parteien gratulieren dem Regierungsrat.
Ganz anders die Linken: Die SP Aargau hält am Mittelschulstandort Rheinfelden fest. «Der Entscheid des Regierungsrates überzeugt uns nicht», schreibt sie. Es sei nun am Grossen Rat, zu entscheiden, und die SP werde ihre Position dort einbringen. Rheinfelden liege für die Schülerinnen und Schüler am besten im Einzugsgebiet. Mit Magden, Kaiseraugst und Möhlin zusammen bilde Rheinfelden ausserdem den Bevölkerungsschwerpunkt des Fricktals. Stein liege zwar geografisch zentral, nicht jedoch für die Nutzer der künftigen Mittelschule.
Basler Schulen überlastet
Die Fricktaler Schülerinnen und Schüler konnten gemäss einem Abkommen mehrere Jahrzehnte von einem Besuch der Mittelschulen in Basel-Stadt und Baselland profitieren. Aktuell gehen rund 600 Schülerinnen und Schüler aus dem Fricktal in diese Kantone zur Schule.
Damit ist in den kommenden Jahren Schluss, denn die beiden Basel können die Verträge aus Kapazitätsgründen nicht erneuern. So kann die FMS in Basel schon ab kommendem Schuljahr nicht mehr besucht werden, die Mittelschule im Baselland ab Schuljahr 2025/26. Daher hat sich das Fricktal mit Hochdruck darangemacht, eine eigene Lösung auszuarbeiten.
Noch Einzonung nötig
Allerdings ist das Areal in Stein – anders als dasjenige in Rheinfelden – noch nicht pfannenfertig bebaubar. Die Regierung muss daher dem Grossen Rat beantragen, dass er das Siedlungsgebiet erweitert und das Areal einzont. Es müssen auch Fruchtfolgeflächen kompensiert werden.
Der Grosse Rat soll die Botschaft im Herbst beraten. Den Segen geben muss er für einen Verpflichtungskredit in der Höhe von 13,785 Millionen Franken für den Landerwerb, den Architekturwettbewerb und die weiteren Planungsschritte. Danach wird ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben.
Im 4. Quartal 2023 soll dann der Projektierungskredit und im 3. Quartal 2025 der Ausführungskredit gesprochen werden. Gemäss vager Schätzung von Bildungsdirektor Alex Hürzeler dürfte das Projekt auf etwa 135 Millionen Franken zu stehen kommen. Die Inbetriebnahme der neuen Kantonsschule ist auf das Schuljahr 2029/30 vorgesehen.
Schon ab 2025/26 braucht es jedoch ein Provisorium, da dann Baselland keine Fricktaler mehr aufnehmen kann. Ein Verpflichtungskredit dafür soll dem Grossen Rat im 1. Semester 2024 unterbreitet werden.
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