Frauen in Saudiarabien dürfen künftig ohne Erlaubnis reisen
Das erzkonservative Königreich hat die strikten Regeln für Frauen weiter gelockert. NGOs reagieren zurückhaltend.

Saudiarabien hat eine weitere Lockerung der strikten Regeln für Frauen angekündigt. Frauen sollen künftig Reisepässe erhalten und ohne die Erlaubnis eines Mannes ins Ausland reisen dürfen, wie die staatliche Zeitung «Umm Al-Kura» am Donnerstag berichtete.
«Ein Pass wird jedem saudischen Staatsbürger ausgestellt, der ihn anfordert», schrieb die Zeitung unter Berufung auf einen Regierungsbeschluss. Die neuen Regeln sollen Medienberichten zufolge für alle Frauen über 21 Jahren gelten. Bislang benötigten Frauen für Reisen die Zustimmung ihres Vaters, Bruders, Mannes oder sogar Sohnes.
Weitere Gesetzesänderungen ermöglichen es Frauen zudem, die Geburt eines Kindes, eine Hochzeit oder eine Scheidung anzumelden. Sie sollen auch die Vormundschaft für ein minderjähriges Kind übernehmen können.
Frauen in Saudiarabien fordern schon seit langen, das viel kritisierte Vormundschaftssystem abzuschaffen. Die Reformen wurden in den Online-Netzwerken gefeiert. Die Unternehmerin Muna Abu Sulajman schrieb bei Twitter, «in gewisser Hinsicht» könnten saudiarabische Frauen ihr «rechtliches Schicksal» nun selbst in die Hand nehmen.
Saudiarabien ist eines der restriktivsten Länder weltweit in Bezug auf Frauenrechte. Das erzkonservative Königreich hatte in den vergangenen Jahren aber begonnen, die sehr strikten Regeln für Frauen zu lockern. So wurde 2018 ein Auto-Fahrverbot für Frauen aufgehoben.
In den vergangenen Monaten hatte mehrere junge Frauen, die vor Bevormundung und Gewalt aus Saudiarabien flüchteten, weltweit für Aufsehen gesorgt. Im Januar wurde die 18-jährige Rahaf al-Kunun auf der Flucht vor ihrer Familie in Bangkok gestoppt. Sie erhielt schliesslich Asyl in Kanada.
Im Februar wurde der Fall der Schwestern Reem und Rawan bekannt, die auf der Flucht vor ihrer Familie in Hongkong gestrandet waren. Sie durften schliesslich in ein unbekanntes Drittland ausreisen. Im April flüchtete ein weiteres Schwesternpaar nach Georgien.
NGOs reagieren zurückhaltend
Menschenrechtsorganisationen reagierten zunächst zurückhaltend auf die neue Reisefreiheit «Wir begrüssen diesen Schritt natürlich», sagte die Länderkoordinatorin für die Golfstaaten von Amnesty International in Deutschland, Regina Spöttl, am Freitag der Nachrichtenagentur DPA. «Aber er muss auch umgesetzt werden.» Zudem forderte sie, dass die in Saudiarabien inhaftierten Frauenrechtlerinnen unverzüglich und ohne Vorbedingungen freigelassen werden.
Die Nahostdirektorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), Sarah Leah Whitson, schrieb auf Twitter, wie bei allen Gesetzen sei die Umsetzung der Schlüssel. Frauen bräuchten ausserdem nach wie vor die Zustimmung eines männlichen Vormunds, wenn sie heiraten wollten.
Reihe von Reformen
Der jüngste Entscheid gehört zu einer Reihe von Reformen, mit denen das saudische Königshaus das Land öffnen möchte, unter anderem in der Unterhaltungsindustrie. So hat Saudiarabien Kinos erlaubt.
Vorangetrieben werden die Reformen vom 33 Jahre alten Kronprinz Muhammad bin Salman, der als starker Mann und künftiger Herrscher des autokratischen regierten Königreiches gilt. Vor allem unter jungen Saudis geniesst er Ansehen - konservative beobachten die Reformen jedoch skeptisch. Sie stossen sich vor allem an der Aufweichung der strikten Trennung von Männern und Frauen.
Von einer Gleichberechtigung der Geschlechter ist das muslimische Land jedoch noch weit entfernt. Menschenrechtsorganisationen kritisieren immer wieder die Zustände in Saudiarabien. Saudiarabien ist vom Wahhabismus geprägt, einer besonders strengen und traditionellen Auslegung des Islam. Frauen müssen in der Öffentlichkeit weite Abajas tragen, die ihren Körper vollständig verhüllen.
SDA/roy
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