Frankreichs Truppen bleiben in Afghanistan
In Paris verlängern Senat und Nationalversammlung den Einsatz in Afghanistan. Die Linke stimmt dagegen.

Die beiden Kammern des französischen Parlaments haben bei zwei aufeinander folgenden Sondersitzungen am Montag mit klarer Mehrheit für die Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes votiert. Seit der Verfassungsreform vom vergangenen Juli müssen Abgeordnete und Senatoren über jeden Auslandseinsatz der Armee abstimmen, der länger als vier Monate dauert.
In der Nationalversammlung sprachen sich 343 von 563 Abgeordneten für die Fortsetzung aus, 210 dagegen, und 10 enthielten sich der Stimme. Die Debatten in beiden Kammern standen unter dem doppelten Eindruck des mörderischen Anschlags auf das Marriott-Hotel von Islamabad am vergangenen Wochenende und Informationen über einen vertraulichen Bericht der Nato zum Hinterhalt vom 18. August im afghanischen Uzbeen-Tal, bei dem zehn französische Soldaten gefallen sind.
Die kanadische Zeitung «Globe and Mail» zitierte Einzelheiten zum Hinterhalt, die in Frankreich teilweise schon vom «Canard enchaîné» publiziert worden waren. Den französischen Soldaten sei schon nach 90 Minuten die Munition ausgegangen. Ihr einziges Funkgerät sei bald unbrauchbar gewesen. Die Gefallenen seien im Nahkampf ums Leben gekommen. Die Angreifer hingegen, unter ihnen «Eliteschützen», seien «gefährlich gut ausgerüstet» gewesen. Das französische Verteidigungsministerium und die Nato machten widersprüchliche Angaben zur Existenz dieses Geheimberichts.
«Lügen und Desinformation»
Zur Eröffnung der parlamentarischen Debatte versprach Premierminister François Fillon, die französischen Soldaten in Afghanistan in den kommenden Wochen mit mehr technischen Mitteln - Helikoptern, Drohnen, Abhöranlagen und Granatwerfern - auszurüsten und 100 weitere Soldaten zu ihrer Bedienung zu entsenden. Fillon bestritt die Anschuldigungen des vermeintlichen Geheimberichts als «Lügen und Desinformation». Kein französische Soldat sei enthauptet und nur einer mit dem Messer getötet worden.
In indirekter Kritik der amerikanischen Strategie, die trotz offizieller pakistanischer Proteste vermeintliche Taliban-Stellungen in den nordwestlichen Stammesgebieten unter Beschuss nimmt, sagte der französische Premierminister, niemand wolle die Taliban ungestört ihre Kräfte auf pakistanischem Hoheitsgebiet sammeln lassen: «Man muss handeln, aber mit den Pakistanern und mit ihrer Genehmigung.» Die Lage in Afghanistan könne nur in Übereinstimmung mit dessen Nachbarländern, besonders mit Pakistan, stabilisiert werden. Frankreich, kündigte der Premierminister an, werde seine Zusammenarbeit mit Pakistan verstärken.
3300 Franzosen im Einsatz
Ebenso forderte Fillon die Alliierten der internationalen Schutztruppe (Isaf) zu «Wachsamkeit» bei ihren Militäraktionen gegen Aufständische auf, um die Zivilbevölkerung zu schonen. «Unsere Piloten haben die Anweisung, nur auf Ziele zu schiessen, die sie mit hundertprozentiger Sicherheit identifiziert haben», sagte der Regierungschef vor den Abgeordneten. Die französische Beteiligung am internationalen Truppeneinsatz rechtfertigte Fillon damit, dass Afghanistan eine Brutstätte des internationalen Terrorismus sei.
Frankreich sei nicht vor Anschlägen sicher und müsse seine internationalen Verpflichtungen erfüllen. Auf die Forderung der Opposition nach einem Abzugskalender wollte sich Fillon nicht einlassen. Französische Strategie sei die «Afghanisierung» der inneren Sicherheit in Afghanistan, der Wiederaufbau des Landes und die Stabilisierung des Staatssystems. Den afghanischen Bauern müssten subventionierte Alternativen zum Drogenanbau geboten werden.
Sarkozy war für den Abzug der Soldaten
Die sozialistischen Abgeordneten sprachen sich mit grosser Mehrheit gegen das «Abgleiten in einen Besatzungskrieg» aus. Das Engagement Frankreichs mit nunmehr 3300 Soldaten in Afghanistan geht auf das Jahr 2001 zurück, als der Neogaullist Jacques Chirac Staatspräsident und der Sozialist Lionel Jospin Premier war. Nicolas Sarkozy hatte sich vor seiner Wahl zum Staatspräsidenten Ende April 2007 für den Abzug der französischen Soldaten aus Afghanistan ausgesprochen.
Der Abgeordnete Noël Mamère beklagte am Montag in der Nationalversammlung namens der Kommunisten und der Grünen ein «Versagen auf der ganzen Linie». Frankreich müsse seine Truppen abziehen, denn «wir lehnen es ab, dass das Blut unserer Kinder im Namen einer Sache vergossen wird, die uns nichts angeht». Mamère verlangte einen Dialog mit Teilen der Taliban, die nur aus Aversion gegen den internationalen Militäreinsatz zu den Waffen gegriffen hätten.
Ein französischer Soldat der Afghanistan-Schutztruppe (Isaf) auf Patrouille 30 Kilometer nördlich von Kabul.
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