Opfer in Liesberg «gepfählt»Foodtruck-Fahrer wegen fahrlässiger Tötung verurteilt
Weil sich die seitliche Klappe eines Lieferwagens öffnete, starb ein Lastwagenfahrer auf der Gegenfahrbahn. Der Unfallverursacher hatte früher schon einmal nicht aufgepasst und drei Menschen schwer verletzt. Das hatte vor Gericht Folgen.

Es war ein schrecklicher Unfall in Liesberg, der am 13. Januar 2020 ein Todesopfer gekostet hatte. In einer Rechtskurve öffnete sich beim Foodtruck von Mauro Lombardi (Name geändert) die Klappe auf der linken Seite. Genau in diesem Moment kam ein Lastwagen entgegen. Dessen Fahrer hatte keine Chance: Er sei regelrecht «gepfählt» worden, sagte Staatsanwältin Thea Bänteli am Dienstag beim Prozess. Das Aluminiumprofil des Lieferwagens bohrte sich in den Brustkorb des Mannes, der Sekunden nach dem Unfall an seinen schweren Verletzungen verstarb.
Den Foodtruck, ein Lieferwagen des Typs Iveco Daily, hatte der gelernte Polymechaniker selber umgebaut. Allerdings hatte er das Auto danach nicht bei der Motorfahrzeugkontrolle (MFK) vorgeführt. Dies brachte den 35-jährigen Schweizer vor dem Baselbieter Strafgericht in Erklärungsnot.
Mehr als zwei Jahre lang war er vor dem Unfall mit dem umgebauten Fahrzeug auf Schweizer Strassen unterwegs gewesen. Dass er die Änderungen hätte vorführen müssen, kam ihm nicht in den Sinn. Nicht einmal dann, als ihn die MFK für den Umbau eines zweiten Foodtrucks zur Prüfung aufforderte. Wenige Tage vor dem tragischen Unfall gaben die Behörden grünes Licht für einen ähnlichen Umbau bei seinem zweiten Foodtruck.
Hat sich die seitliche Klappe des Truck geöffnet, weil die Verschlussriegel mangelhaft waren oder weil diese sich aufgrund der Vibrationen gar von selbst lösten? Diese Version favorisierte die Verteidigung. Oder lag es schlicht daran, dass Lombardi am Unglückstag vergessen hatte, diese Verschlussriegel zu schliessen? Davon war die Staatsanwältin überzeugt. Sie verwies auf Untersuchungen nach dem Unfall, bei denen einer der beiden Verschlussriegel unbeschädigt auf der geöffneten Position gefunden wurde. Beim zweiten liess sich dies aufgrund des Aufpralls nicht mehr feststellen.
Schon einmal für Schwerverletzte gesorgt
Gerichtspräsident Robert Karrer verortete beim Beschuldigten einen «gewissen Schlendrian». Denn es ist nicht das erste Mal, dass Lombardi mit einem gravierenden Verkehrsunfall Schlagzeilen macht. 2013 hatte der Mann eine Frontalkollision verursacht, weil er am Radio hantierte. Sein Auto geriet auf die Gegenfahrbahn und knallte frontal in ein anderes Fahrzeug. Drei unschuldige Menschen wurden dabei schwer verletzt.
Ein anderes Mal fanden Polizisten einen Schlagstock im Handschuhfach, was dem Schweizer ebenfalls eine Anzeige eintrug. Und weil er in der Vergangenheit Rechnungen «nie erhalten» haben will, entzog ihm die Polizei auch schon mal die Kennzeichen seines Autos.
Verteidiger Carl-Gustav Mez sieht Lombardi hingegen als Opfer der Umstände. Er sei ein Mensch, der einfach immer Pech habe. Von der schwierigen Kindheit bis zur Gegenwart: Die Mutter seiner Partnerin wurde vor drei Jahren vom Ex-Freund niedergestochen. Seither sitzt sie im Rollstuhl. Vor einigen Wochen wurde der Mann zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.
Mez gibt auch dem Kanton eine Mitschuld. Bereits fünf Monate vor dem Unfall wäre eine Prüfung des Fahrzeugs fällig gewesen. Von der MFK wurde Lombardi jedoch nicht aufgeboten. Ausserdem hätte auch die Polizei in Verkehrskontrollen den Fahrzeugausweis begutachtet und dabei nicht bemerkt, dass im Fahrzeugausweis ein oranger Lieferwagen eingetragen war, während ein weisser Foodtruck vor ihnen stand.
Das Gericht folgte den Argumenten der Staatsanwältin und sprach eine bedingte Gefängnisstrafe von acht Monaten aus, unter anderem wegen fahrlässiger Tötung, sowie eine Busse von 1200 Franken. Ausserdem muss der 35-Jährige die Verfahrenskosten von rund 20’000 Franken tragen.
Karrer sprach Lombardi ins Gewissen: «Vier Strassenverkehrsopfer, das reicht! Lernen Sie endlich, Verantwortung zu übernehmen.» Die zahlreichen Delikte seit 2007 liessen sich zudem nicht einfach nur mehr mit «Pech» erklären, sagte er. Vor allem der Unfall von 2013 hat das Gericht straferhöhend berücksichtigt. Leichte Reduktionen gab es hingegen, weil Lombardi unter der bisherigen Medienberichterstattung gelitten hätte – und weil er bald seinen Führerschein für eine wohl längere Zeit abgeben wird müssen.
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