Fliegen, lecken, küssen
Konzertflügel sind auch Fetischobjekte. Manche Künstler spielen tagelang nonstop durch. Andere stellen das Instrument auf Berggipfel oder stossen es durch ein 20-Zentimeter-Loch.

Mit einem Klavier lässt sich eine Menge anfangen. Man kann es zum Beispiel dauerbespielen. Der Rekord lag mal bei 52 Stunden und 59 Minuten, aufgestellt im Jahre 2003. Die Pianistin Ansi Verwey (in Basel keine Unbekannte) tastete sich in Hannover durch ein Programm von Bach, Wagner und Chopin, bei 15 Minuten Pause alle acht Stunden und unter Verzehr zahlreicher Bananen, sobald einhändige Stücke anstanden. Seit 2015 steht der Rekord gar bei 127 Stunden, acht Minuten, 38 Sekunden, angeblich erzielt von einem indischen Longtimeplayer namens Mrityunjay Sharma.
Man kann ein Klavier auch mit ganz vielen Menschen bespielen. Im Rathaus von Sarajevo belagerten 2017 18 Klavierschüler plus zwei Lehrer (sitzend, liegend kniend) ein einziges Tasteninstrument und fingerten sich mit 20 Händen durch eine Komposition des Franzosen Albert Lavignac. Der umgekehrte Fall sind ganz viele Menschen an ganz vielen Klavieren. 1554 Pianisten kamen im März des vergangenen Jahres im Center Sports Stadium von Xiamen (China) zusammen und spielten auf 777 Flügeln Schuberts Militärmarsch Nr. 1. Die Leitung hatte Starpianist Lang Lang. Auch die Blüthner Piano Group konnte dieses tolle Ergebnis nicht überflügeln, als sie im Jahr darauf in China Werke von Rimski-Korsakow performte – es waren nur 666 Blüthner-Pianos am Start.Ein Klavier lässt sich aber auch verkaufen. Der (angeblich) teuerste Flügel der Welt, ein kristallines Heintzman-Piano, hergestellt für die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele 2008 in Peking, gelangte nach den Spielen für 3,22 Millionen Dollar an einen unbekannten Privatkäufer.
Quälereien mit Satie
Dagegen war der golden schimmernde Bechstein-Flügel, Modell «Sphinx», der 2015 für läppische 930000 Euro in den Handel kam, ein Schnäppchen. Auf tönernen Füssen, preislich gesehen, stand im gleichen Jahr das schneeweisse Piano von Linda Perry, der Sängerin von 4 Non Blondes. Es bedurfte des Nachwuchstalents Miley Cyrus, die das Klavier vor dem Zuschlag mit Zungenküssen traktierte, um es auf einen Auktionspreis von immerhin 50000 Dollar zu heben. Es ist das geleckt teuerste Klavier aller Zeiten.
Man kann ein Klavier auch missbrauchen. «Vexations» (französisch für «Quälereien») heisst ein Klavierstück von Erik Satie, das vermutlich 1893 komponiert wurde. Es handelt sich um ein paar spröde Klänge, die laut Notenanweisung 840-mal wiederholt werden sollen. Uraufgeführt wurden die Quälereien am 9. September 1963, unter Mitwirkung und Aufsicht des Komponisten John Cage. Man begann um 18Uhr und war schon am nächsten Tag um 12.40 Uhr fertig.
Was lässt sich sonst mit einem Klavier anfangen? Man kann wie Stefan Aaron sein Klavier orangefarben anstreichen und es per Helikopter auf den 4206 Meter hohen Alphubel bei Saas-Fee wuchten lassen. Dort spielte Aaron 2011 den selbst gefertigten Song «Doing the Undoable» und träumte davon, sein Klavier demnächst vor, in (?) oder auf (??) den Pyramiden von Gizeh zu bespielen. Das hat sich bis heute als ziemlich undoable erwiesen.
Rekord in völliger Klavierzertrümmerung
Auch ist sein Rekord schon passé. Wir hören von Evelina De Lain (Ukraine), die auf 4946 Metern am Singge-La-Pass im Himalaja das höchste Klavierkonzert aller Zeiten gegeben hat. Das war am 6. September 2018, und sie spielte Chopin sowie ihre Eigenkomposition «Norwegische Fjorde». Wie das Klavier den Himalaja hochkam (Sherpas?), wurde nicht mitgeteilt.
Und man kann ein Klavier natürlich zerstören. Der Rekord in völliger Klavierzertrümmerung wurde 1967 aufgestellt. Einem englischen Team gelang es in der Fernsehsendung «It's a Knockout», ein Klavier in zwei Minuten, 29 Sekunden derart auseinanderzunehmen, dass der Schrott durch ein 20 Zentimeter grosses Loch passte. Weltrekord! Radikaler wurde nie mit Musik aufgeräumt.
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