Sweet Home: Fernweh und ZitronenFerien in Amalfi
Einfach wieder der Sehnsucht nachgeben: Amalfi, ein Ort der Schönheit und der Ferienträume, ist immer eine Reise wert.

In den Anfangszeiten des Sweet Home Blogs habe ich eine private Reisegeschichte geschrieben, bei der ich einige meiner Lieblingshotels verriet. Sie war ein Riesenerfolg, und ich bekomme immer noch Anfragen und Berichterstattungen von Leserinnen und Lesern, die in einem dieser Hotels waren. In Amalfi, einem Ort, in den wir uns auf den ersten Blick verliebt haben, waren wir allerdings seit Jahren nicht mehr. Denn wir hatten Miss C. und wollten nie ohne sie verreisen. Unser Hündchen hätte die lange Reise nicht geliebt, es wäre ihr zu heiss gewesen, und ausgedehnte Spaziergänge sind an dieser Küste auch kein Thema. Doch wir entschieden uns – nun, da Miss C. gegangen ist –, wieder an diesen Ort zu reisen.

Es hat sich eigentlich nichts verändert in der langen Zeit, in der wir nicht mehr an unserem Lieblingsort waren. Das kleine Hotel Villa San Michele steht immer noch in unveränderter Schönheit: hübsche und charmante Zimmer, Böden mit bemalten Keramikkacheln und grosse Betten mit Aussicht aufs Meer. Und dann der zauberhafte Garten, in dem Granatäpfel wachsen, leuchtend pinkfarbene Bougainvillea mit dem tiefblauen Meer kokettieren, und überall Töpfe und Amphoren, die Blütenwundern ein Zuhause geben – ein Paradies!

Und da ist das Meer, unendlich blau und klar und tief und ruhig. Man kann von einer kleinen Badeplattform, auf der man sich wie auf einem Schiffsbug fühlt, ins milde, sanfte, einen umarmende Wasser gleiten und so in die Schönheit der Welt tauchen.
Auch oder ganz besonders in komplizierten Zeiten ist Reisen heilend. Es ist anders und doch irgendwie so, wie es einmal war: wertvoll, einzigartig, etwas ganz Besonderes. Gerade Italien, das so schwer unter Corona gelitten hat, hat gelernt, umsichtiger mit der Pandemie umzugehen. Alle gehen sehr verantwortungsvoll und mit grossem Respekt mit den Schutzmassnahmen um. Es ist ganz einfach selbstverständlich, Masken zu tragen und die Hände zu desinfizieren. In den Restaurants – auch draussen – wird Fieber gemessen, und man gibt die Kontaktdaten an. Und man spricht nicht über Corona, sondern vom Essen, vom Meer, von der Schönheit des Lebens.

Die kleinen Dörfer an der Küste sind einzigartige Schönheiten. Die verschachtelten Häuser, eng zwischen die Felsen der steilen Küste gebaut, sind verbunden mit kleinen Gassen, Treppen oder Bogengängen. Sie leuchten weiss und manchmal auch rosa der Sonne entgegen. In der Zeit des Lockdown durfte niemand lange raus und schon gar nicht ins nahe Nachbardorf. Es ist schwierig, sich vorzustellen, wie hart das gewesen sein muss.

Doch, so verrät uns Nicola, dem das kleine Familienhotel gehört, das wir so ins Herz geschlossen haben: Die Delfine kamen zu Besuch, und das Meer erholte sich, da es für eine Weile in Ruhe gelassen wurde. Es hat auch jetzt, da das Reisen wieder möglich ist, vor allem Italiener, die hier Ferien machen – oder einfach für ein paar Tage die Szene wechseln. Die Amalfiküste war zuvor vor allem bei den Amerikanern ein beliebter Ferienort. Ich erinnere mich, dass es viele Kreuzfahrtschiffe und Busse gab, vollgepackt mit Touristen, die in Horden durch die schönen, stolzen Dörfer trampelten, einen Softdrink in der Hand. Nach jeweils einer Stunde oder gar noch weniger war der Zauber vorbei, und alle gingen wieder auf ihr Schiff oder in ihren Bus.
Wie ich schon in meinem ersten Artikel über Amalfi vor Jahren geschrieben habe, ist diese Küste der Inbegriff des Heimwehs für viele ausgewanderte Italiener, die nun verteilt auf der ganzen Welt leben. Denn der Süden war lange gezeichnet von wirtschaftlicher Not, und in fast allen Familien hat es Auswanderer. Eine über achtzigjährige Frau erzählte mir, dass alle ihre Schwestern nach Amerika gingen, aber sie selbst hätte diese Gegend, die sie so sehr liebte, nie verlassen können.
Als ich in meiner Jugend einige Zeit in New York lebte, hatte ich zu Beginn auch Heimweh nach Europa. Zu fremd war mir die amerikanische Grossstadt, nichts war mir vertraut. So ging ich damals oft in italienische Restaurants, und in jedem gab es ein Wandbild mit türkisfarbenem Meer, bunten Dörfern, steiler Küste, Napoli und dem Vesuv. Genau so haben wir das erste Mal die Amalfiküste gesehen. Und genau so ist sie immer noch.

Es ist tatsächlich Realität, dass jeder Blick, egal in welche Richtung, ein wunderschönes Postkartenbild offenbart.
Auch wenn ich den Artikel «Hör mir bloss auf mit Italien» von Bettina Weber gerne und mit grossem Schmunzeln gelesen habe, muss ich ehrlicherweise sagen, dass ich selbst sehr empfänglich bin für gewisse Klischees, Traditionen und verlässliche Beständigkeit. Und dafür ist diese Ecke an der Amalfiküste perfekt. Es gibt immer noch Pasta, die einfach mit dem, was das Meer und das Land bietet gemacht wird. Und sie wird auf den bunten, handgemalten Keramiktellern, die in der Gegend produziert werden, serviert. Ich werde Ihnen bald eine Pastageschichte mit südlichen Rezepten auf den Sweet Home Blog stellen. Doch hier gilt es, erst einmal den Duft der Tomaten und Meeresfrüchte einzuatmen und sich vorzustellen, wie die Wellen des Meeres im Hintergrund beruhigend rauschen.

Ein grosser Unterschied zu unseren früheren Reisen nach Amalfi ist das Handy. Damals hatten wir noch echte Fotos gemacht und dann gespannt auf die Abzüge der Ferienerinnerungen gewartet. Auf dieser Reise konnte ich dafür alles, was mein Auge erfreute, abknipsen. Die ganze herrliche Italianità, die Vespas, deren Sitze auch schon mal mit Louis-Vuitton-Label-Leder bezogen waren, die Wäsche, die nicht nur von Fenstern und Balkonen an Leinen baumelt, sondern auch von Brückenarkaden.

Oder die Garagen, die hier im Dörfchen Atrani echte Sweet Homes für Autos sind. Diese Autos stehen liebevoll eingehüllt in Bettüberwürfen in einer prächtigen Garage mit hübschen Bildern an der Wand.

Die Gässchen bieten Schatten und betörende Schönheit. Und sie sind auch nicht vollgestopft mit «Instant-Touristen». Ob das wohl so bleiben wird? Viele Menschen, die vom Tourismus leben und mit denen ich gesprochen habe, wünschen sich einen gepflegteren Tourismus, also keine Busse und Kreuzfahrten.

Jede Fahrt an der Küste ist ein Abenteuer und man muss wirklich gut Auto fahren können, um dieses auch unbeschadet zu überstehen. Da wir beide nicht Auto fahren können, haben wir unsere Ferienorte immer so ausgesucht, dass dies auch nicht nötig ist. So sind wir auch mal an die amalfitanische Küste gekommen. Denn Ausflüge sind hier gut ohne Auto möglich. Wir haben diesmal nicht viele gemacht, sondern einfach das Meer, das Essen, das Lesen und das Sein zelebriert. Doch wir gingen einige Male hinauf nach Ravello. Unser Hotel, unser Sweet Ferien Home in dieser wunderschönen Gegend, liegt direkt unter der sagenhaften Villa Cimbrone. Den Weg hinauf machen wir im lokalen Bus, dessen Chauffeure wahre Balancekünstler sind. Mit Eleganz und grossem Können fahren sie die Busse die steilen, engen, kurvigen Strassen hinauf und hinunter. An anderen Bussen, an Autos oder schwatzenden Omas vorbei.
Die Villa Cimbrone gehört bestimmt zu den allerschönsten Orten der Welt. Diese Terrasse heisst «Terrazzo dell'Infinito», denn hier werden Meer und Himmel zu einem unendlichen Ganzen. Wir wurden von einem Hund erwartet, der sich im Schatten auf den Rücken rollte. Er kommt, wie sich später herausstellte, aus dem Dorf, geht alleine spazieren und weiss, wo es am schönsten ist.
Die Villa Cimbrone ist uralt, sie entstand im 11. Jahrhundert. Zu Beginn des 20. Jahrhundert wurde sie renoviert und mit allerlei Elementen, Skulpturen und Architekturelementen aus ganz Italien bestückt. Die Villa ist heute ein Luxushotel, der Garten öffentlich zugänglich.

Es gibt im Garten unter anderem auch eine Hortensienallee, einen Rosengarten, verschiedene Statuen, Tempel und Pavillons. Das Schöne am Reisen in dieser seltsamen Zeit ist, dass man an solch magischen Orten wie diesem auch mal ganz alleine ist.

Kein Besuch in Amalfi ist vollkommen ohne einen Abstecher in die wunderbare Pasticceria Pansa. Die Süssigkeiten, allen voran ein rundes, luftiges Zitronentörtchen, gehören wohl zu den Besten überhaupt. Und das Schöne am Einkaufen in Italien ist, dass man auch solch kleine süsse Wunder wie ein königliches Weihnachtsgeschenk eingepackt bekommt: auf goldenem Karton, mit goldenem Kartonbogen geschützt, eingewickelt in hübsches Papier mit glänzendem Geschenkband drum herum.

Der beste Ort, um solche süssen Freuden zu geniessen, war unsere eigene Terrasse der Unendlichkeit, die zu unserem Hotelzimmer gehörte. Und um hiermit gleich schon kritischen Kommentarschreibern zuvorzukommen: Nein, das ist keine bezahlte Werbung für diesen Ort. Wir haben privat Ferien gemacht. (Das Doppelzimmer mit Frühstück und Halbpension kostete Anfang September 240 Euro.) Dieser Blog ist eine Kolumne, die dazu inspiriert, schöner und besser zu wohnen, zu essen, zu geniessen und zu sein, und manchmal entführt Sweet Home anderswohin. Denn um das Zuhause und den eigenen Alltag besser, anders und neu anzugehen, tun Reisen gut.
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