Fehlbar, aber wählbar
SVP-Regierungsrat Thomas Weber lächelt – und alles ist in Ordnung.
Thomas Weber ist eitel. Wenn der SVP-Regierungsrat während einer Landratsdebatte aufsteht, um eine Stellungnahme abzugeben, knöpft er jedes Mal das Veston zu – selbst wenn er nur einen einzelnen Satz von sich gibt und sich sogleich wieder hinsetzt. Diskutieren die Parlamentarier und Weber rege hin und her, kann das zuweilen skurril wirken: Knopf auf, Knopf zu, Knopf auf, Knopf zu.
Webers Eitelkeit zeigt sich auch bei seinen Fotos im Internet. Er lächelt immer gleich. So gleich, dass wohl ein einzelnes Bild ausreichen würde, um eine ganze Social-Media-Kampagne zu fahren. Mit nur wenigen Photoshop-Kenntnissen könnte man sein Gesicht aus dem Bild ausschneiden und es in beliebig vielen anderen Bildern platzieren. Der Betrachter würde den Trick kaum erkennen.
Webers Auftritte erscheinen zwar etwas verkrampft, doch gleichzeitig ausgesprochen professionell. Nichts scheint ihn aus der Fassung zu bringen. Nur ganz selten lässt er sich öffentlich zu einer unqualifizierten Aussage hinreissen.
Das Lächeln des Kritisierten
Die Souveränität und die Zurückhaltung sind es wohl auch, die dazu beitragen, dass man Weber vieles verzeiht. Nach den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit – er wurde 2013 für den zurücktretenden Adrian Ballmer in die Regierung gewählt – hatte er noch keine Meilensteine gesetzt. Zu sehr war er damit beschäftigt, die Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion aufzuräumen, als dass er sich noch gross um inhaltliche Geschäfte hätte kümmern können. Gleichwohl wurde er wiedergewählt, und das mit dem zweitbesten Resultat nach Anton Lauber (CVP).
Und jetzt? Mit der Spitalfusion hätte Weber etwas Historisches erreichen und einen Pflock einschlagen können. Doch sie wurde gebodigt. Sein Image wiederum leidet kaum darunter. Schliesslich haben seine Baselbieter dem Projekt deutlich zugestimmt. Es waren die Basel-Städter, die sich verwehrten. Heikler als die Abstimmungsniederlage ist Webers Verstrickung mit den Sozialpartnern, Wirtschaftskammer und Gewerkschaften, in der Affäre um die Gesamtarbeitsverträge und Arbeitsmarktkontrollen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diesem Zusammenhang wegen ungetreuer Amtsbesorgung. Im Verhältnis zur Tragweite der Vorwürfe ist der Aufschrei aber relativ bescheiden. Bei Weber, so scheint es, ist alles halb so wild. Daher ist davon auszugehen, dass er auch an den Wahlen vom 31. März wieder locker gewählt wird.
Das Lächeln des Hirten
«Thomas Weber – mit Kopf und Herz fürs Baselbiet». Das stand auf den Wäscheklammern, die er 2013 im Wahlkampf verteilt hatte. Die Goodies waren eine Idee seiner Frau. Die Wäscheklammern sind es auch, die Weber als persönlichen Gegenstand zum Gespräch mit der BaZ mitgebracht hat. Klammern sind praktisch. «Man kann sie in der Küche und überall verwenden», sagt Weber. Sie sind aus Holz. «Niemals hätte ich Plastik-Klammern verteilt.» Holz hingegen stehe für Nachhaltigkeit und Robustheit. Und weil Weber die Klammern vom Wohn- und Werkheim Dietisberg fertigen liess, haben sie sogar eine soziale Komponente.
Ob auch Weber selber, wie seine Wahlkampf-Klammern, «in der Küche und überall» eine gute Figur abgibt, war nicht Inhalt des Gesprächs. Bekannt ist hingegen, dass der 55-Jährige ein guter Hirte ist. In einem Naturschutzgebiet in seiner Wohngemeinde Buus hält er eine kleine Herde Walliser Schwarznasenschafe. Der Regierungsrat kümmert sich jeden Morgen um seine Tiere.
Dass es Schafe aus dem Wallis sind, ist kein Zufall. Weber, Bauingenieur ETH, hat seine beruflichen «Auslandjahre» in Zermatt verbracht. In dieser Zeit, von 1988 bis 1990, engagierte er sich in der dortigen Musikgesellschaft mit seinem Tenorhorn.
Nachdiplomkurs in Mediation
Die Familie war mit dabei. Seine Frau Edith, für die er «zu wenig Zeit» hat, kann ihren Mann vor allem in den Ferien beanspruchen. Die Reisen der Webers sind speziell, genauer gesagt langsam: Zu Fuss oder mit dem Velo geht es von Buus aus ins nähere Ausland. 2017 reisten sie nach Wien, vergangenes Jahr nach Dresden. «Wir fahren abseits der Hauptstrassen. Es ist wahnsinnig spannend, auf diese Weise die kleinen Dörfer und Gegenden zu erleben. So bekommt man viel mehr mit von der Stimmung, den Gerüchen, dem Ausblick.» Weber, der sich vor allem dann um den Klimawandel schert, wenn es um die Folgen für Landwirtschaft und Wald geht, reist also vorbildhafter als manch Jugendlicher, der für den Umweltschutz die Schule schwänzt.
Auf den Bildern wirkt Webers Lächeln aufgesetzt. Sitzt er einem aber gegenüber, ist es authentisch und versprüht menschliche Wärme. Das Lächeln ist auch privat ein Markenzeichen des Vaters dreier erwachsener Söhne. Lächelt er mal nicht, wird Thomi, wie ihn Verwandte und Freunde nennen, darauf angesprochen. «Ich bin immer bestrebt, Thomi zu bleiben», sagt er und meint damit wohl, dass er sich von seinem zeitweise zermürbenden Amt nicht verderben lassen will.
Thomi ist ein Vermittler, privat wie politisch. Er hat von 2003 bis 2005 einen Nachdiplomkurs in Mediation absolviert und soll privat auch schon in Nachbarstreitigkeiten geschlichtet haben. In der Politik gilt er selbst in linken Kreisen als kompromissbereit. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass er die Politiker, egal aus welcher Partei, wertschätzt: «Jeder Politiker will schliesslich der Bevölkerung oder dem Kanton etwas Gutes tun. Das ist eine gute Basis für die Diskussion. Oft entsteht im Diskurs eine dritte Lösung, die für alle stimmt.»
Das Lächeln des Siegers
Dennoch: Weber ist ein typischer SVPler. «Mein Wertekompass ist in der SVP gut abgebildet.» Er verweist auf den Text auf seiner Homepage, den er dort seit Jahren stehen hat: «Meine Meinung beruht auf einer freiheitlich-konservativen Weltanschauung, die das Gute bewahren und das Schlechte verbessern will. Freiheit und Sicherheit sind zentral, und wenn ich mich zwischen beidem entscheiden muss, ist mir die Freiheit wichtiger.»
Wäscheklammern hat er mitgebracht. Hätte er sich für einen wirklich persönlichen Gegenstand entscheiden müssen, wäre er mit dem Tenorhorn auf der BaZ-Redaktion erschienen. «Wieder mehr Musik zu machen, ist ein Projekt für die Zeit nach dem Regierungsamt.»
Keine Sorgen um Niederlage
Im Falle einer Abwahl würde er «ein paar Tausend Velokilometer mehr zurücklegen und ein paar zusätzliche Stunden mit den Grosskindern verbringen». Doch wirkliche Sorgen um eine Niederlage am Wahlsonntag mache er sich nicht, sagt er und schüttelt dabei seinen gesenkten Kopf.
Wir spulen vor: Wenn Weber am Abend des 31. März im Regierungsgebäude in Liestal für die Pressefotografen posiert, wird er lächeln. Es wird – die Wette gilt – das Lächeln des Wiedergewählten sein.
Die Basler Zeitung porträtiert in einer Serie die Kandidatinnen und Kandidaten für den Baselbieter Regierungsrat. Bereits erschienen: Thomas de Courten (20. Februar) Kathrin Schweizer (22. Februar)Isaac Reber (25. Februar)
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