FDP entscheidet sich für ein «Tricket»
Der Genfer Pierre Maudet fährt bei der Burkhalter-Nachfolge einen Etappensieg ein.

Die FDP Bundeshausfraktion will mit einem Dreier-Ticket ins Rennen um die Nachfolge ihres abtretenden Bundesrates Didier Burkhalter steigen. Dies entschieden die FDP-National- und Ständeräte gestern an ihrer vorsessionalen Fraktionssitzung im Luxushotel Beau-Rivage in Neuenburg.
Zuvor war es noch einmal an den drei Nominierten, die freisinnigen Parlamentarier von ihrem Bundesratspotenzial zu überzeugen. Ob es schliesslich diese 30-minütigen Hearings waren oder doch eher Partei-Kalkül, die den Ausschlag für das Dreierticket anstelle eines Zweiertickets gaben, bleibt offen. Fest steht, dass die FDP-Fraktion gestern hinter verschlossenen Türen lange darum gerungen hat, ob sie am 20. September nun mit zwei oder eben drei offiziellen Kandidaten zur Bundesratswahl antreten will.
Mit dem Dreierticket hat sie sich schliesslich für den Weg des geringsten Widerstandes entschieden. Die freisinnige Fraktion verpasste es somit, der anstehenden Wahl schon einmal ihren Stempel aufzudrücken.
Knapper Entscheid
Der gestrige Entscheid, der gemäss Beat Walti, dem Vize-Fraktionspräsident der Freisinnigen, mit 22 zu 19 Stimmen bei einer Enthaltung gefällt wurde, ist vor allem für den Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet ein Etappensieg. Der ursprünglich als krasser Aussenseiter gestartete Maudet vermochte seinen Nachteil, dass er als einziger der drei Kandidaten nicht Teil der freisinnigen Bundeshausfraktion ist, offenbar mit einer guten Kampagne in den vergangenen Wochen wettmachen.
Vor der Lancierung seiner Bundesratskandidatur am 4. August am Filmfestival in Locarno war der 39-Jährige ausserhalb der Westschweiz wenig bekannt. Innerhalb von nur vier Wochen hat der Genfer Staatsrat das grundlegend ändern können.
Ob er jedoch auch bei den Bundesratswahlen reelle Chancen haben wird, ist fraglich. Denn dem Genfer Maudet fehlen die beiden Attribute, die gemeinhin als unabdingbar für die Nachfolge des scheidenden Bundesrats Burkhalter angesehen werden: Er hat das falsche Geschlecht und spricht auch die falsche Sprache.
Ein Bundesrat Pierre Maudet wäre daher eine richtiggehende Überraschung. Eine Wahl in die Landesregierung wäre jedoch die Krönung einer bis dahin beeindruckenden politischen Karriere.
Mit der jetzigen Konstellation, mit dem «Tricket», wie er es an der gestrigen Medienkonferenz nannte, kann wohl auch der Tessiner Kandidat, Ignazio Cassis, gut leben. Seine Chancen gewählt zu werden, sind nach wie vor intakt. Zumindest für den ersten Wahlgang dürfte ihm das Dreierticket gar Vorteile bringen: Die Stimmen aus der Romandie könnten sich in diesem Wahlgang auf die zwei welschen Kandidaten verteilen, was Cassis‘ Weiterkommen automatisch befördern würde.
«Brillanter Auftritt»
Die einzige Frau in der Runde, Isabelle Moret, dürfte ob dem Entscheid der Fraktion, mit Pierre Maudet einen weiteren Romand zu berücksichtigen, nicht restlos glücklich sein. Auf der anderen Seite vermochte sie offenbar die im Vorfeld vereinzelt vernommenen Zweifel an ihrer Eignung für das Bundesratsamt beiseite zu wischen. Zumindest die FDP-Frauen sprachen im Nachgang des Hearings von einem «brillanten Auftritt» der Kandidatin Moret. Die Waadtländer Nationalrätin hat ungesehen davon nach wie vor das Handicap, dass der Kanton Waadt mit Guy Parmelin bereits im Bundesrat vertreten ist. Würde Moret gewählt, wären die Kantone Bern und Waadt doppelt im Bundesrat vertreten.
Die drei offiziellen Bundesratskandidaten können ihre offizielle Nomination durch die Fraktion an gleicher Stelle feiern. Heute findet in Neuenburg der «Tag der FDP» statt, das mittlerweile traditionelle Sommerfest der Partei. Nach dieser kurzen Verschnaufpause gilt es am ersten und am zweiten Dienstag der anstehenden Herbstsession dann wieder ernst. Dann stehen die Hearings bei den übrigen Bundeshausfraktionen an.
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