Ex-UBS-Banker spielt Katz und Maus mit der Schweizer Justiz
Ein früherer Angestellter der Grossbank hat sich über den Rhein abgesetzt. In Deutschland dürfte er unbehelligt bleiben.

Ein schweizerisch-ukrainisches Ehepaar hat zum Wochenauftakt mit dem Bundesstrafgericht Katz und Maus gespielt. Am Montag ist der angeklagte Mann unentschuldigt seinem Prozess ferngeblieben. Am Dienstag tat es ihm seine Gattin gleich, die als Auskunftsperson vorgeladen war. Auch sie tauchte nicht in Bellinzona auf.
Darauf schickte das Gericht die Aargauer Polizei los, um die Ukrainerin doch noch ins Tessin zu schaffen – was nichts brachte. In der Wohnung in Kaiseraugst war die Frau nicht anzutreffen. Vieles deutet darauf hin, dass auch sie abgetaucht ist, zumindest vorübergehend.
Ihr Ehemann hatte sich bereits vor längerem ein paar Kilometer nach Deutschland abgesetzt: nach Lörrach. Dort lebt René S. getrennt von Frau und Kindern, mit denen er aber in regem Kontakt steht.
Er bestreitet die Vorwürfe
Um die Schweiz macht der Ex-UBS-Banker einen grossen Bogen. Und es könnte sein, dass er sein Heimatland weiterhin wird meiden müssen, wenn er nicht im Gefängnis landen will. Die Anklage verlangt, dass der 45-Jährige des wirtschaftlichen Nachrichtendiensts und der Verletzung von Bank- und Geschäftsgeheimnissen schuldig gesprochen wird. René S. hat die Vorwürfe stets bestritten.
Der deutsche Staat wäre dann in der Zwickmühle. Heisst er ein Auslieferungsgesuch der Schweiz gut, wie er dies bei schweizerischen Staatsangehörigen in aller Regel tut? Oder schützt er René S.? Bislang war dies der Fall. Rechtshilfeersuchen aus Bern zu einem Millionenkonto des Beschuldigten bei einer kleinen Bank in Nordrhein-Westfalen hat die deutsche Justiz lange ignoriert. Nach mehreren Mahnungen und Nachfragen beschied die deutsche Justiz der schweizerischen einzig, dass eine Beantwortung «wesentliche Interessen» Deutschlands «gefährden» könnte.
Für die Bundesanwaltschaft ist auch aufgrund dieser Antwort klar, dass René S. auf dem Konto bei der Volksbank Hohenlimburg den Erlös bunkerte, den er von Nordrhein-Westfalen für die Kontodaten deutscher UBS-Kunden ausbezahlt bekam. Das bevölkerungsreichste Bundesland hat für insgesamt rund 19 Millionen mindestens elf Datenträger von Banken erworben. Gemäss dem früheren Finanzminister Nordrhein-Westfalens, Norbert Walter-Borjans, lösten die elf CDs bundesweit viele Razzien bei Steuerbetrügern und 130'000 Selbstanzeigen aus und brachten dem Staat 7 Milliarden Euro.
Das Bundesstrafgericht hat in den vergangenen Jahren vier Bankangestellte wegen solcher Datenverkäufe nach Deutschland oder Frankreich zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. René S. ist der fünfte und letzte aus dieser Reihe von Beschuldigten. In seinem Indizienprozess spielen neben dem Hohenlimburger Konto vor allem interne Ermittlungen der UBS eine Rolle.
Nachdem es ab Ende 2012 zu Hausdurchsuchungen bei über 200 vermögenden Kunden in Deutschland gekommen war, klärte die Bank ab, wer auf deren UBS-Stiftungsdaten zugegriffen hatte. René S. war der Einzige.
Drei UBS-Mitarbeiter befragt
Zu diesen Untersuchungsergebnissen sind am Dienstag drei UBS-Mitarbeiter befragt worden. Verteidiger Moritz Gall versuchte Zweifel zu streuen, indem er die internen Analysen hinterfragte und auf mögliche andere Täter hinwies. Der Ermittlungsleiter der UBS wies aber darauf hin, dass nur René S. 100 Prozent der bei den Razzien aufgetauchten Daten elektronisch angeschaut hatte, die zum Teil aus Zürich und zum Teil aus Basel stammten. Zudem hatte er Zugang zu einem Basler Karteikasten. Dort waren die wirtschaftlichen Berechtigten der Stiftungen ersichtlich.
Ausgeschlossen war die Öffentlichkeit von der Befragung einer Psychiaterin, die ein Gutachten über den Beschuldigten erstellt hatte. Das Gericht begründete diesen im letzten Moment verkündeten Entscheid, welcher bundesgerichtlicher Praxis widerspricht, nicht.
Heute Mittwoch stehen die Plädoyers an.
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