Ex-RAF-Terroristin bricht ihr Schweigen: «Ich war nicht dabei»
Erstmals äusserte sich Ex-RAF-Terroristin Verena Becker zum Mord an Generalbundesanwalt Siegfried Buback. Doch die Hintergründe des Attentats bleiben rätselhaft.
Das Buback-Attentat bleibt rätselhaft - auch nach der mit Spannung erwarteten Aussage der früheren RAF-Terroristin Verena Becker. Rund 35 Jahre nach dem Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine beiden Begleiter bestritt Becker am Montag eine Mitwirkung an dem Attentat. Die 59-Jährige sagte im Prozess vor dem Oberlandesgericht Stuttgart in einer persönlichen Erklärung: «An einer konkreten Anschlagsvorbereitung war ich nie beteiligt.» Zum Nebenkläger Michael Buback, der wissen wolle, wer seinen Vater getötet hat, sagte die Angeklagte: «Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten. Denn ich war nicht dabei.»
Es war die erste Aussage der wegen Mittäterschaft angeklagten Becker zu den Vorwürfen in dem seit anderthalb Jahren laufenden Prozess. Nachfragen der Verfahrensbeteiligten beantwortete sie nicht. Bundesanwaltschaft und Nebenklage kritisierten, die Erklärung lasse viele Fragen offen. Die Beweisaufnahme in dem Mammutprozess geht nun dem Ende zu. Der Vorsitzende Richter Hermann Wieland kündigte als geplanten Zeitraum für die Plädoyers den 14. bis 22. Juni an.
Becker: Am Tag des Anschlags nicht in Deutschland
In ihrer persönlich verlesenen Erklärung betonte die Angeklagte, sie sei am Tag des Karlsruher Anschlags, dem 7. April 1977, nicht in Deutschland, sondern im Nahen Osten gewesen. Als sie am 8. April 1977 nach Europa zurückgereist sei, habe sie in Rom «aus den Medien» von dem Anschlag auf Buback erfahren.
Die Angeklagte begründete ihre Aussage damit, dass gegen sie mehrere falsche Beschuldigungen erhoben worden seien. «Ohne falsche Behauptungen wäre die Anklageerhebung nicht möglich gewesen», sagte sie am 89. Verhandlungstag. Sie habe sich schon seit Jahren mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt. «Ich habe mich nie versteckt oder in Schweigen geflüchtet», betonte sie.
Becker war zusammen mit dem RAF-Terroristen Günter Sonnenberg im Mai 1977 in Singen festgenommen worden. Bei ihnen war die beim Mordanschlag auf Buback benutzte Tatwaffe sichergestellt worden. Becker sagte jetzt, mit dieser Waffe - einem Selbstladegewehr HK 43 - habe sie «nie geschossen». Sie sei bis zu ihrer Festnahme auch «nie in Karlsruhe gewesen».
1976 über Anschlag beraten
Sie bestätigte zwar, 1976 bei mehreren Treffen der RAF dabei gewesen zu sein, darunter einem im Harz. Dort sei auch über einen Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback gesprochen worden, der «von uns allen im Grundsatz für richtig befunden» worden sei, sagte Becker. Es sei dabei aber «keine abschliessende Entscheidung gefallen». Sie habe sich auch «bei der grundsätzlichen Entscheidung, verschiedene Aktionen anzugehen, in keiner Weise hervorgetan».
Damit widersprach sie einer Aussage des RAF-Aussteigers Peter-Jürgen Boock, der ein zentraler Zeuge für die Bundesanwaltschaft ist. Becker fügte hinzu, bei einem Treffen Anfang 1977 in Holland sei sie dann «nur anfangs dabei» gewesen.
Die Bundesanwaltschaft wirft Becker hingegen vor, «massgeblich» an der Entscheidung für den Mordanschlag, an dessen Planung und Vorbereitung sowie der Verbreitung der Bekennerschreiben mitgewirkt haben. Zu den RAF-Selbstbezichtigungssschreiben sagte Becker: «Dass ich daran mitgewirkt und beispielsweise Briefumschläge verschlossen habe, war vorher nicht geplant.»
Bundesanwalt: «Becker hat nur den halben Weg beschritten»
Wegen des Attentats wurden bisher die RAF-Terroristen Brigitte Mohnhaupt, Christian Klar und Knut Folkerts verurteilt - allerdings lediglich als «Mittäter». Ihre genauen Tatbeiträge konnten nie völlig geklärt werden.
Bundesanwalt Walter Hemberger sagte, die Erklärung Beckers sei «an das bisherige Ergebnis der Hauptverhandlung angepasst». Auch aus Sicht der Bundesanwaltschaft sei an der «Spekulation», dass Becker geschossen haben könnte, «nichts dran». Becker habe in ihrer Aussage aber «nur den halben Weg beschritten». Sie habe dazu geschwiegen, wer der Todesschütze auf dem Tatmotorrad gewesen sei. Hemberger sagte, er hätte auch erwartet, dass Becker ihren Lebensweg mit der RAF als «Fehler» eingestuft hätte.
Nebenkläger Michael Buback, der Becker als Todesschützin verdächtigt hat, zeigte sich enttäuscht. Er empfinde ihre Erklärung «in allen wesentlichen Punkten als unzureichend».
dapd/sda/kpn
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