Eurozone einig über Hilfspaket für Athen
Gute Nachrichten für Griechenland: Die Euroländer einigten sich nach mehr als zwölfstündigen Beratungen auf einen Rettungsplan. Die Privatgläubiger müssen auf mehr verzichten als bislang vorgesehen.
Schon im vergangenen Juli hatten die Europartner Griechenland ein zweites Rettungspaket zugesagt. Nach vier weiteren EU-Gipfeln und einem letzten, 13-stündigen Verhandlungsmarathon der Finanzminister bis in die frühen Morgenstunden stehen die Einzelheiten fest.
- Die Privatgläubiger erlassen Griechenland 53,5 Prozent der ausstehenden Kredite. Wenn sich ausreichend Banken beteiligen, sinkt die Schuldenlast um 107 Milliarden Euro.
- Der Rest der Privatschulden wird in neue Anleihen mit Laufzeiten von elf bis 30 Jahren umgetauscht. Dafür erhalten die Banken geringe Zinsen von zwei bis 4,3 Prozent. Insgesamt spart Athen dadurch in den kommenden acht Jahren 150 Milliarden Euro ein.
- Die internationalen Geldgeber «versüssen» den Banken den Schuldenumtausch, indem sie die neuen Anleihen mit 30 Milliarden Euro absichern.
- Athen erhält neue Notkredite von 100 Milliarden Euro. Ob der Internationale Währungsfonds (IWF) davon – wie bei den Programmen für Portugal und Irland – jeweils ein Drittel übernimmt, ist noch nicht klar. IWF-Chefin Lagarde will den Beitrag auch davon abhängig machen, ob die Eurozone ihren dauerhaften Rettungsfonds aufstockt.
- Die nationalen Notenbanken geben die Gewinne aus ihren Griechenland-Krediten an Athen zurück. Das soll die Schuldenlast Athens um 1,8 Prozentpunkte senken.
- Die Zinsen für die bereits gewährten Notkredite werden auf 1,5 Prozentpunkte oberhalb des Euribor gesenkt.
- Der Schuldenerlass und die neuen Finanzspritzen sollen es Athen ermöglichen, seine Gesamtverschuldung bis 2020 von mehr als 160 auf 120,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung zu senken.
- Ein Teil der neuen Kredite fliesst auf ein Sperrkonto, damit Athen seine anfallenden Schulden künftig auch zurückzahlen kann. Der Schuldendienst hat Vorrang vor anderen Staatsausgaben. Auf dem Konto muss ausreichend Geld für die Schuldentilgung der folgenden drei Monate liegen.
- Die Umsetzung der Spar- und Reformauflagen wird von Experten der EU-Kommission permanent in Athen überwacht. Deutschland ist bereit, dazu Fachpersonal zu entsenden.
Neben dem neuen Milliarden-Programm sieht der Rettungsplan also einen Verzicht der Privatgläubiger des Landes in Höhe von 53,5 Prozent ihrer Forderungen vor. Den ursprünglichen Plänen zufolge sollten die privaten Gläubiger des Landes auf die Hälfte ihrer Forderungen und somit 100 Milliarden Euro verzichten. Der neu ausgehandelte Schuldenschnitt soll demnach eine Erleichterung in Höhe von 107 Milliarden Euro bringen. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker bezeichnete das zweite Rettungspaket als beispiellos. Damit könne Griechenland auf einen glaubwürdigen Weg zurück zur Nachhaltigkeit kommen und Wachstum und Beschäftigung sichern.
Der griechische Ministerpräsident Lucas Papademos hat sich «sehr glücklich» über das vereinbarte zweite Hilfspaket für sein Land gezeigt. Athen werde alle dafür nötigen Bedingungen rechtzeitig erfüllen, versicherte Papademos vor Journalisten in Brüssel. Auch nach den Wahlen im April werde das Programm wie vereinbart umgesetzt.
Treffen mit den Privatgläubigern
Eine Analyse der Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ergab jedoch, dass mit einem Schuldenschnitt in dieser Höhe und dem zweiten Hilfspaket nicht das Ziel erreicht wird, den Schuldenstand bis zum Jahr 2020 auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung zu drücken, sondern nur auf 129 Prozent.
Deswegen verhandelten die Eurofinanzminister über einen grösseren Beitrag der privaten Gläubiger. Griechenlands Regierungschef Lucas Papademos sowie Finanzminister Evangelos Venizelos trafen sich dafür parallel zum Treffen der Finanzminister mit internationalen Bankenvertretern, darunter auch Deutsche-Bank- Chef Josef Ackermann.
Auch öffentliche Gläubiger kriegen weniger
Auch eine zunächst geringere Verzinsung der neuen Staatspapiere wurde ausgehandelt. Bis 2020 werde eine Verzinsung von zwei und drei Prozent geboten, ab 2020 ein Coupon von 4,3 Prozent. Bisher war von 2012 bis 2020 ein Coupon von 3,0 und ab 2021 von 3,75 Prozent vorgesehen.
Auch der öffentliche Sektor leistet einen höheren Beitrag: Die nationalen Notenbanken werden die Gewinne aus ihren Griechenland-Anleihen zum Schuldenabbau einsetzen, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verkündete. Zudem werden die Zinsen für die Notkredite auf 1,5 Prozentpunkte oberhalb des Euribor gesenkt.
Strengere Überwachung
Mit dem zweiten Hilfsprogramm muss sich Griechenland offenbar auch einer strengeren Überwachung unterwerfen. EU-Währungskommissar Olli Rehn erklärte das Hilfsprogramm für Griechenland sei an strenge Bedingungen geknüpft. Die Überwachung werde seitens der EU verstärkt.
Die Euroländer verlangten zudem weitere Einsparungen von der Regierung in Athen sowie schriftliche Zusagen der derzeitigen Koalitionsparteien, den vereinbarten Spar- und Reformkurs auch nach den für April geplanten Parlamentswahlen fortzusetzen.
Ergebnis «besser als erwartet»
Trotz der strikten Auflagen war auch Athens Finanzchef Evangelos Venizelos anzumerken, dass ihm eine Zentnerlast von den breiten Schultern gefallen war. Das Ergebnis sei «besser, als wir bei unserer Anreise geplant hatten», sagte er. Vor allem, weil der Schuldenverzicht des Privatsektor deutlich über die verabredeten 100 Milliarden Euro hinaus gehe.
Ob die Rechnung aufgeht, wird indes erst bis Anfang März klar. Denn zunächst muss Venizelos den Banken und Fonds das formelle Angebot zum Umtausch ihrer Anleihen gegen neue mit weit niedrigeren Zinsen (von zwei bis 4,3 Prozent) unterbreiten. Und nur, wenn sich ausreichend Institute beteiligen, kommen die anvisierten 107 Milliarden auch zusammen. Der Chef des Internationalen Bankenverbandes (IIF), Charles Dallara, sprach nach dem Deal von einem «bedeutenden Schritt zur Umsetzung des Schuldenumtausches».
Ob die Rettung auf lange Sicht gelingt, daran gibt es auch in der Troika von Experten der EU-Kommission, des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank Zweifel. In ihrer Schuldenanalyse, die die Zeitung «Financial Times» in Auszügen im Internet veröffentlichte, wird vor einer Vertiefung der Rezession gewarnt. Würden sich die notwendigen Reformen und Privatisierungen weiter verzögern, dann drohe die Gesamtverschuldung Athens auch in acht Jahren noch bei 160 Prozent zu verharren.
sda/dapd/jak/sam
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