Europa fürchtet sich vor den «Wahren Finnen»
Finnland wählt am Sonntag ein neues Parlament. Prognosen sprechen für einen Wahlerfolg der rechtspopulistischen Partei die «Wahren Finnen». Dies könnte auch für Europa Konsequenzen haben.

Finnland steht bei den Parlamentswahlen am Sonntag vor einem markanten Rechtsruck. Die rechtspopulistischen «Wahren Finnen» könnten auf 15 Prozent der Stimmen kommen und damit zu den seit Jahrzehnten abwechselnd regierenden drei grossen Parteien aufschliessen.
Rund 4,4 Millionen Wahlberechtigte bestimmen am kommenden Sonntag die Verteilung der 200 Reichstagsmandate. Dabei könnten die bisher regierenden Liberalen die Macht an die konservative Partei verlieren. Von grossem Interesse ist das Abschneiden der «Wahren Finnen». Sie könnte sich als viertgrösste Partei etablieren und bei der Regierungsbildung mitreden.
Nach einer heute veröffentlichten Gallup-Umfrage für den TV- Sender YLE wollen für die rechtspopulistischen «Wahren Finnen» 15,4 Prozent stimmen. Das wäre fast eine Vervierfachung der 4,1 Prozent bei den letzten Wahlen 2007.
Die «Wahren Finnen» (Perussuomalaiset) haben im Wahlkampf Verschärfungen beim Zuwanderungsrecht verlangt und sich kategorisch gegen Hilfszahlungen an überschuldete EU-Länder wie Irland und Portugal gewandt. Sie verlangen ausserdem ein Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen sowie schärfere Abtreibungsverbote.
Vierte Grosspartei
Sollte sich der prognostizierte Triumph bewahrheiten würden die «Wahren Finnen» in die seit Jahrzehnten herrschende Phalanx aus Zentrumspartei, Konservativen und Sozialdemokraten vorstossen. Bislang rotierte stets einer der «grossen Drei» aus der Regierung, die anderen beiden übernahmen mithilfe kleinerer Parteien das Ruder.
Ermüdet vom ständigen Wechselspiel sank die Wahlbeteiligung der Finnen 2007 auf den niedrigsten Stand seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Mehrere Parteispendenaffären erschütterten das Vertrauen in die Politik zusätzlich. Davon profitieren dürften nun die Rechtspopulisten.
Als stärkste Fraktion im Reichstag von Helsinki wird die konservative Partei von Finanzminister Jyrki Katainen mit 21,2 Prozent vor dem liberalen Zentrum von Ministerpräsidentin Mari Kiviniemi mit 18,6 Prozent erwartet.
Katainen könnte damit Kiviniemi an der Regierungsspitze ablösen. Die bisher oppositionellen Sozialdemokraten kamen in der Umfrage auf 18 Prozent.
Konservative wie auch das Zentrum und die Sozialdemokraten haben sich zu einer Regierungszusammenarbeit mit den Rechtspopulisten ausdrücklich bereiterklärt. Lediglich die bisher mitregierenden Grünen haben diese Möglichkeit ausgeschlossen.
EU-Gegner sitzt im EU-Parlament
Timo Soini, Chef der «Wahren Finnen», hat aber auch schon seine Ambitionen angemeldet: «Mein ganzes Leben bin ich in der Opposition gewesen, jetzt will ich in die Regierung.»
Als Trumpf im Wahlkampf dient den «Wahren Finnen» ihre ablehnende Haltung gegenüber der EU. Soini hat seinen Aufstieg aber ausgerechnet dem verhassten Brüssel zu verdanken.
Bei den Europawahlen 2009 erhielt er über 130'000 persönliche Stimmen und damit mehr als jeder andere finnische Kandidat. Seitdem sitzt Soini als einziger Abgeordneter seiner Partei im Europaparlament.
Einen Widerspruch sieht er darin nicht, im Gegenteil: Man müsse sich eben «in die Höhle des Löwen begeben, um zu verstehen, wie er denkt». Selbst unter politischen Gegnern gilt der 48-Jährige als sympathisch und wortgewandt, die Wähler schätzen seinen Sinn für Humor und seine markanten Sprüche.
SDA/mrs
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