EU-Mitgliedschaft der Türkei rückt näher
Vor dem EU-Gipfel war klar: Ohne Ankara gibt es keine Lösung. Nun hat die EU drei Milliarden Euro für die Flüchtlingshilfe zugesagt. Und der Türkei winkt ein schnellerer EU-Beitritt.

Die Europäische Union und die Türkei wollen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise künftig zusammenarbeiten. Die EU-Staats- und Regierungschefs sagten Ankara bei einem Sondergipfel in Brüssel drei Milliarden Euro für die Versorgung der mehr als zwei Millionen Flüchtlinge zu, zudem soll die Türkei ihre Grenzen künftig besser kontrollieren. EU-Ratspräsident Donald Tusk und der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sprachen von einem Durchbruch.
Nach den vierstündigen Beratungen sagte Tusk, nach Jahren des Stillstands und allenfalls schleppenden Fortschritts sollte der türkische Mitgliedsantrag nun schneller vorankommen.
Davutoglu sagte, eine EU-Mitgliedschaft der Türkei werde «ein Gewinn sein». Bei dem Sondergipfel habe es keine Meinungsverschiedenheiten gegeben. Tusk sagte, der Gipfel habe einen Neustart in den Beziehungen von EU und Türkei bewirkt.
«Ich wünsche, dass die Zahl der Migranten zurückgehen wird»
Davutuglu sagte zur Massenflucht vor allem aus dem Bürgerkriegsland Syrien, sein Land und die EU zahlten den Preis für ein Versagen des Systems der Vereinten Nationen, den Konflikt zu lösen. Die Türkei habe zwei bis 2,2 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen.
Die Türkei sei entschlossen, der EUzu helfen, könne aber keine harten Versprechungen machen. «Ich wünsche, dass die Zahl der Migranten zurückgehen wird, aber wir können das nicht sagen, weil wir nicht wissen, was in Syrien passieren wird», sagte er.
Tusk hatte zu Beginn der Verhandlungen gesagt, als Gegenleistung für drei Milliarden Euro Unterstützung «erwarten wir eine sofortige und erhebliche Reduzierung der irregulären Migranten, die in Europa ankommen».
Türkei dankbar für «Neuanfang»
Nach UN-Zahlen sind in diesem Jahr fast 900'000 Menschen vor Armut und Krieg aus den Nahen und Mittleren Osten, Afrika und Asien nach Europa geflohen. Allein mehr als 600'000 von ihnen gelangten über die Türkei zu nahe gelegenen griechischen Inseln als erster Station ihrer Reise zu den reichen EU-Mitgliedstaaten. Tusk sprach unter Berufung auf jüngste Zahlen sogar von «schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen», die illegal dieses Jahr in die EUgekommen seien, ein Grossteil über dieTürkei.
Davutoglu sagte, er sei «allen europäischen Führern dankbar für diesen Neuanfang, der nicht nur der Beginn eines Treffens, sondern der Beginn eines neuen Prozesses ist, der sehr wichtig für unsere gemeinsame Verbundenheit in Europa ist».
Schengen in Gefahr
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich verständnisvoll für türkische Anliegen: Ankara könne mit Recht erwarten, dass die EU helfe, sagte sie. Der französische Präsident François Hollande sagte, er wolle ein Abkommen, in dem die Regierung in Ankara Verpflichtungen eingeht und Europa die Türkei unterstützt.
Der britische Premierminister David Cameron sagte, der Gipfel sei wichtig, weil ohne Ankara eine umfassende Lösung der Flüchtlingskrise nicht möglich sei.
Tusk sagte, falls die grossen Flüchtlingsströme nicht unter Kontrolle kommen, könnte das Schengen-System des grenzfreien Reisens innerhalb derEU kollabieren. «Ich wiederhole das: Ohne Kontrollen unserer Aussengrenzen wird Schengen Geschichte werden», mahnte Tusk.
SDA/afo
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch