Plauderkassen: ZwischenbilanzEs wollen mehr Leute reden als gedacht
Im Oktober 2022 startete das Pilotprojekt und kommt bis jetzt besser an, als von den Verantwortlichen bei Gsünder Basel angenommen.

Für manche Menschen ist das «Danke» und «Adieu» an der Kasse mitunter die einzige Interaktion mit Mitmenschen im Alltag, der ansonsten von Einsamkeit geprägt ist. Um der Isolation entgegenzuwirken und das Gemeinschaftsgefühl zu fördern, hat Gsünder Basel deshalb im Oktober 2022 als schweizweite Premiere das Pilotprojekt «Plauderkasse» lanciert: In der Migrosfiliale Gundelitor und in der Toppharm-Apotheke im Gellert ist jede Woche zwei Mal drei Stunden eine Kasse zum Plaudern offen. Nebst dem Verkaufspersonal nehmen sich an diesen Bezahlstellen geschulte Freiwillige Zeit für einen Schwatz, der über die üblichen Floskeln hinausgeht. Falls gewünscht, erhalten Interessierte auch weitere Informationen zur Vernetzung oder zu sozialen Unterstützungsangeboten.
Zweieinhalb Monate nach dem Start ziehen die Verantwortlichen eine erste Zwischenbilanz: Bis Ende Dezember 2022 wurde das Angebot an 42 Öffnungstagen insgesamt 1572 Mal genutzt. «Das ist besser, als wir uns erhofft haben», sagt Stefanie Näf, Geschäftsleiterin von Gsünder Basel, auf Anfrage. Schätzungen, die vor dem Beginn des Pilotprojekts angestellt worden waren, «sind insbesondere für die Migrosfiliale weit überschritten», schreibt die Organisation zu den Zwischenergebnissen.
Bedürfnis vor allem bei Älteren
Es zeige sich, dass ein Austauschbedürfnis vor allem bei älteren alleinstehenden Menschen bestehe. «Gleichzeitig wird deutlich, dass es häufig bei einem kurzen Wortwechsel mit Kundinnen und Kunden bleibt», hält Gsünder Basel fest. Die weiteren Angebote der Plauderkassen wie gemeinsames Kaffeetrinken oder Informationen über Unterstützungsangebote würden nur wenig beansprucht. In beiden Betrieben habe sich gezeigt, dass sich die Plauderkassen zweckmässig in den Alltag des Detailhandels einbauen lassen.
Das mit 130’000 Franken budgetierte Pilotprojekt wird durch die beiden Träger, die Christoph-Merian-Stiftung und das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt, finanziell unterstützt und dauert noch bis Ende März. Bis dahin können in der Migrosfiliale Gundelitor und in der Apotheke noch Optimierungen für den Betrieb der Plauderkassen vorgenommen werden. So werde etwa in der Apotheke das Angebot der Freiwilligen noch weniger gut verstanden als im Supermarkt. Verbessert werden könnten laut Gsünder Basel «die Öffnungszeiten, das eingesetzte Personal sowie die Signalisation und Infrastruktur in den beiden Geschäften».
«Los emol» – der Podcast der Basler Zeitung
«Los emol» beleuchtet Themen, die Basel bewegen. Moderiert von René Häfliger. Abonnieren Sie den Podcast über Apple Podcasts, Google Podcasts, Spotify oder jede gängige Podcast-App.
Fehler gefunden?Jetzt melden.