«Es wird fürchterlich werden im ersten Jahr danach»
Nobelpreisträger Paul Krugman sieht für Griechenland keine Zukunft mehr im Euroraum. Deutschlands Sparpolitik habe versagt. Gerettet werden könne nur noch Spanien.

In der Debatte um ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone meldet sich nun auch der Nobelpreisträger Paul Krugman zu Wort. In einem Interview mit dem «Spiegel» empfiehlt der amerikanische Ökonom Griechenland, die Währungsunion sobald als möglich zu verlassen.
«Es wird fürchterlich werden im ersten Jahr danach», sagt Krugman gegenüber der Zeitschrift. «Aber es gibt einfach keine Alternativen.» Nichts von dem, was derzeit diskutiert werde, habe eine Chance, das Desaster wieder in Ordnung zu bringen. «Ich hasse es, das so zu sagen, weil es so ist, als wenn man in einem voll besetzten Theater ‹Feuer› schreien würde.»
«Banken-Run und Massenkapitalflucht»
Krugman erläutert, wie ein solches erstes Jahr nach dem Austritt aussehen würde: «Es würde auch in anderen Ländern zu einem Banken-Run und einer Massenkapitalflucht kommen.» Solche Vorgänge in Spanien oder Italien könnten aber von der Europäischen Zentralbank viel besser angegangen werden, da die Probleme dieser Länder nicht aus «totaler Unverantwortlichkeit» herrührten wie im Falle Griechenlands. «Man könnte also argumentieren: Die Bösen haben wir rausgeschmissen, aber die Guten müssen wir retten.»
Für die «Guten» sind laut Krugman zwei Szenarien möglich. Entweder stoppe die Europäische Zentralbank die Bankenflucht aus Spanien und Italien, und ginge damit ein massives Risiko ein, oder es werde kein Eingriff vorgenommen. Letztere Variante würde zu einer «Explosion» des Euro führen. Spanien, das «eigentliche Epizentrum der Krise», habe so durchaus noch eine Chance, gerettet zu werden. Griechenland sei aber dem Untergang geweiht, seit bekannt wurde, wie es um den Haushalt des Landes wirklich stehe.
«Sparer sind wie Zombies»
Harsche Kritik übt Krugman am Krisenmanagement der deutschen Regierung. Wachstum durch Sparen sei eine Phantasie: «Deutschland führt die Eurozone auf einen Todestrip.» Krugman sieht die angezogene Sparschraube gar als Auslöser für die Massenarbeitslosigkeit in Spanien, Griechenland und anderen Ländern und vergleicht das Sparen mit der Natur von «Zombies»: «Auch ein Zombie stolpert immer weiter vor sich hin, egal wie oft du ihn umgebracht hast.» Seit mindestens zwei Jahren sei klar, dass die Spar- und Kürzungspolitik nicht funktioniere, trotzdem werde sie weiter als Erfolgsmodell gepredigt.
«Unbegrenzt Geld leihen»
Krugman, der 2008 den Wirtschaftsnobelpreis erhielt und Volkswirtschaftslehre an der Universität Princeton lehrt, spricht sich dagegen für mehr Wachstum aus. Die Schuldenberge sollten vorerst ignoriert werden. «Die Europäische Zentralbank sollte die Zinsen senken und Regierungen und Banken unbegrenzt Geld leihen.»
Krugman betont, er sorge sich sehr wohl um Staatsschulden. Doch nun sei dafür nicht der richtige Zeitpunkt. Wenn die Staatsausgaben zusammengestrichen werden, schwäche das die Wirtschaft noch mehr, sagt Krugman und unterstreicht dies mit einem Zitat des Ökonomen John Maynard Keynes: «Der Boom, nicht der Einbruch, ist die Zeit für Sparsamkeit.»
Auch die Auflösung der engen Verbindung zwischen Banken und Staaten müsse noch warten. «Das geht jetzt nicht. Es brennt lichterloh und wir müssen so viel Wasser ins Feuer giessen wie möglich», sagt Krugman dazu. Um den Wiederaufbau könne man sich später sorgen.
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