Interview«Es war ein heftiger und giftiger Abstimmungskampf»
Der Basler Regierungsrat Christoph Brutschin hat zwölf Jahre für das Hafenbecken 3 gekämpft. Nun hofft er auf einen konstruktiven Dialog mit den Gegnern. Einen Baubeginn hält er frühestens in zwei Jahren für möglich.

«Wolkenkratzer sind keine vorgesehen.»
Warum erhält ein Umweltschutzprojekt wie das Hafenbecken 3 in Basel nicht eine 100-prozentige Zustimmung?
Es gab Argumente auf beiden Seiten. Das Projekt hat seinen Preis. Es galt abzuwägen zwischen der teilweisen Zerstörung einer Naturfläche und der Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Ich bin ausserordentlich froh, dass die Bevölkerung die Vorlage gleich gewichtete wie der Regierungsrat und der Grosse Rat. Es ist unbestritten, dass Ersatzflächen geschaffen werden müssen.
Alle Parteien ausser Basta waren dafür. In dieser Hinsicht überzeugt der Ja-Anteil nicht.
Ein Infrastrukturprojekt hat es in Basel immer schwer. Es liess sich gut vermengen mit einer allgemeinen Wachstumsskepsis. Ich hätte deshalb auch ein knapperes Ergebnis für möglich gehalten. Es gab in allen Parteien Gegner. Im Vergleich zu anderen vergleichbaren Abstimmungen würde ich von einem guten Ergebnis sprechen.
Was hat Sie am Abstimmungskampf gestört?
Es war ein heftiger und giftiger Abstimmungskampf. Plakate wurden überklebt, und in den sozialen Medien ging es heiss zu. Für mich war von Anfang an klar, dass dieses Projekt an der Urne landet, da es Gründe dafür und dagegen gibt. Die Vorteile überwiegen aber klar. Deshalb setzte ich mich in den letzten zwölf Jahren dafür ein. Mit dem Volks-Ja ist die Thematik auf dieser Ebene abgehandelt.
Haben die eidgenössischen Abstimmungsvorlagen das Ergebnis beeinflusst?
Das glaube ich nicht. Positiv ist, dass dadurch die Stimmbeteiligung hoch war. Das macht das klare Ja noch bedeutungsvoller.
«Der jetzt eingeschlagene Weg ist von Vorteil für das Quartier.»
Wie schwierig ist es geworden, Organisationen wie Pro Natura, die massiv opponierten, in die Entwicklung der Stadt einzubeziehen?
Es gab tatsächlich keine Annäherung der Argumente, sondern einer Blockade. Ob das in Zukunft so sein wird, bleibt offen. Erfahrungsgemäss klopft man sich aber in Basel auch nach den härtesten Abstimmungskämpfen das Sägemehl von den Schultern, steigt aus dem Ring und schaut, wie man gemeinsam weitermachen kann.
Wie wichtig ist das Ja als Signal, das nun nach Bundesbern geschickt wird?
Dieses klare Ja ist eminent wichtig. Es ist ein klares Bekenntnis zum trimodalen Güterumschlag in Basel. Gateway Basel-Nord treibt den bimodalen Weg voran. Im schlimmsten Fall hätten wir keinen Wasseranschluss erhalten und eine historische Chance verpasst, Güter umweltgerechter umzuschlagen. Oben wären die Güter effizient zwischen Strasse und Bahn umgeladen und unten im Hafen Wagenladungen einzeln auseinandergenommen worden. Auch Kleinhüningen hätte eine grosse Chance verspielt. Der Schaden für den Logistikstandort Basel, der mir am Herzen liegt, wäre ebenfalls gross gewesen.
Wem bringt das Hafenbecken 3 mehr: der Stadt oder den Rheinhäfen?
Es handelt sich um eine Win-win-Situation. Der sogenannte Berner Entscheid, bei einer Klausur der Regierung in Bern gefällt, legte klar fest, dass die Entwicklung der Stadt den Bedürfnissen der Logistik folgt. Die Logistik definiert, was möglich ist und was nicht. Der jetzt eingeschlagene Weg, weiter weg von Kleinhüningen zu gehen, ist von Vorteil für das Quartier. Auf der Klybeck-Insel ergeben sich dadurch gleichzeitig gewisse Entwicklungsmöglichkeiten für die Stadt.
Wann wird das Hafenbecken 3 gebaut?
Schwierig zu sagen. Zwei Jahre sind nicht unrealistisch, bis alle Beschwerden behandelt und gerichtliche Entscheide vorliegen.
Werden Sie die Quartierbevölkerung bei der Realisierung einbeziehen?
Das müssen wir machen. Wir müssen es auch institutionell hinkriegen, da ein Quartierverein dezidiert gegen das Projekt ist. Wir müssen eine Gesprächsplattform schaffen, um das Projekt mit der Quartierbevölkerung und nicht gegen sie zu entwickeln. Kein Quartier in Basel übernimmt bereits heute so grosse Lasten wie Kleinhüningen. Das ist mir durchaus bewusst.
Wird der Hafen nun doch noch zu Rheinhattan?
Keinesfalls. Auf der Westquai-Insel wird es keine Hochhäusser geben. Auf dem Ostquai werden auch in Zukunft Mais-Kleber und andere lose Getreide für die Pflichtlager gelöscht. Staub und Lärmtoleranz lassen eine Wohnnutzung nicht zu. Die bauliche Nutzung ist auf der anderen Seite der Wiese Richtung Klybeck vorgesehen. Wolkenkratzer sind dort allerdings keine vorgesehen.
Kurt Tschan ist bei der Basler Zeitung als Redaktor für den Bereich Wirtschaft tätig.
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