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«Es kann sein, dass jahrelang nichts geht»

Nicht zu früh die Karten auf den Tisch legen. Heinz Karrer ist dagegen, dass die Kohäsionsmilliarde vorzeitig ausbezahlt wird.

Heinz Karrer, braucht die Wirtschaft ein Rahmenabkommen?

Die Hälfte der Exporte ist es nur, wenn Sie die Dienstleistungen weglassen. Die Schweiz ist aber vor allem eine Dienstleistungswirtschaft. Bundesrat Cassis spricht ehrlicherweise jeweils von «sechzig Rappen von zwei Franken».

Braucht die Schweiz bald ein Rahmenabkommen oder braucht sie ein gutes Abkommen?

Bundesrat Cassis sagt das auch, aber er sagt gleichzeitig auch, man müsse jetzt «vorwärtsmachen». Ihr Verband hat das auch geschrieben. Was gilt?

Die Schiedsgerichtslösung des Bundesrats ist nichts anderes als die gescheiterte Burkhalter-Lösung mit dem Gerichtshof der EU als entscheidender Instanz. Sie haben diese befürwortet. Weshalb?

«Was für ein Abkommen ausgehandelt wird, ist wichtiger als der Zeitfaktor.»

Inwiefern ist das Schiedsgericht unabhängig, wenn es vor einem Entscheid das höchste EU-Gericht um eine verbindliche Auslegung von EU-Recht fragen muss?

Noch einmal: Das erste Schiedsgericht im Prozess, an das die Parteien gelangen können, das ist doch nicht unabhängig, wenn es faktisch jede Frage dem Gerichtshof der EU vorlegen muss.

Die Schiedsgerichte, die wir in anderen Abkommen kennen, die unterbreiten ihre Auslegungsfragen aber nicht dem Gerichtshof der anderen Seite.

Bei einem Freihandelsabkommen geht es doch genau darum.

Das ist ja gerade das Problem. Eine bessere Variante als ein Rahmenabkommen wäre ein Vertrag, wie es die Europäische Union im Ceta-Vertrag mit Kanada abgeschlossen hat. Da hat es alles drin, was wir brauchen, also die Abschaffung technischer Handelshemmnisse oder der Zugang zum öffentlichen Beschaffungswesen, aber ohne Personenfreizügigkeit, ohne Rechtsübernahme und ohne EU-Gericht.

Ich vertraue den Schweizer Verhandlern, dass sie das wieder erreichen – gerade weil wir es ja schon haben und weil es Kanada bekommen hat.

Wir müssten einfach sagen, Ceta sei die Weiterentwicklung. Das Rahmenabkommen wird ja auch als Weiterentwicklung verkauft, obwohl wir das noch nicht wissen.

Ja, bis auf die Tatsache, dass wir mit dem Ceta-Weg ein Schiedsgericht bekämen, das nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union unterstehen würde und wir kein EU-Recht übernehmen müssten – alles Dinge, die bei einer Abstimmung die Befürworter eines Rahmenabkommens in Argumentationsnöte bringen werden.

Noch so ein Punkt ist die Überwachung. Da jede Seite an das Schiedsgericht gelangen kann, ist die EU-Kommission faktisch die Überwachungsbehörde für die Schweiz.

Wenn sich die Schweiz sich an den Institutionen des EWR andocken würde, eine weitere Möglichkeit, dann wäre das aber nicht so. Die EU müsste zuerst an eine neutrale Untersuchungsbehörde gelangen, an welcher die Schweiz beteiligt wäre und auch am Gericht, dem Efta-Gerichtshof, wäre ein Schweizer beteiligt. Warum gehen Sie diesen Weg nicht?

Obwohl Schweizer bei der Untersuchung am Gericht beteiligt wären?

Nicht, wenn sie die Auslegungsfrage an die EU-Richter in Luxemburg senden müssen.

Ist die Übernahme von EU-Recht im Sinne der Wirtschaft?

Mit der Übernahme von technischen Normen haben wir kaum je ein Problem. Anders ist es mit politischen Fragen, sei es bei der Personenfreizügigkeit oder wie gegenwärtig beim Waffenrecht.

Wir dürfen zwar darüber abstimmen, aber die EU droht mit Sanktionen. Man schickt uns sozusagen mit dem Messer am Hals an die Urnen.

Besteht nicht die Gefahr, dass durch die Übernahme von EU-Recht die liberalen Rahmenbedingungen hierzulande und damit die weltweite Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz verloren geht?

Wieso reden Sie eigentlich vom Marktzugangsabkommen, wie wenn dieses Rahmenabkommen den Marktzugang bringen würde? Wir haben doch schon Marktzugang.

Und das Stromabkommen ist nötig?

Es muss also für Sie irgendeine Garantie geben, dass die «Piesackerei» wie Sie das nennen, nicht mehr möglich ist.

Das heisst Diskriminierungen, wie die bloss befristete Börsenäquivalenz, sollen nicht mehr vorkommen. Aber das ist doch gar kein Thema des vorgeschlagenen Rahmenabkommens.

Ist ein Rahmenabkommen nur akzeptabel, wenn es eine Garantie gibt, dass die Schweiz nicht weiter diskriminiert wird?

«Wenn wir der Meinung sind, der Preis sei zu hoch, dann können wir das ablehnen.»

Sollen wir die Kohäsionsmilliarde beschliessen, bevor wir von der EU etwas erhalten, zum Beispiel die endgültige Anerkennung der Äquivalenz bei der Finanzmarktgesetzgebung?

Der Bundesrat will die flankierenden Massnahmen ausdrücklich aus dem Verhältnis zur EU ausnehmen, damit sie nicht vor dem EU-Gerichtshof angefochten werden können. Das ist ein Zugeständnis gegenüber links. Finden Sie das gut?

Müsste man, um ein mehrheitsfähiges Abkommen zu bekommen, nicht auch ein Zugeständnis gegenüber rechts anstreben? CVP-Präsident Gerhard Pfister hat gefordert, dass es die EU aus Respekt vor der politischen Kultur der Schweiz akzeptieren müsste, wenn die Schweiz bei der Übernahme von EU-Recht in einem Referendum Nein sagt.

Wir müssen sowieso alles übernehmen, sonst gibt es Sanktionen, eben weitere «Piesackerei».