
Die gute Nachricht vorweg. Die Schweiz ist nicht einfach ein geteiltes Land, in dem sich Städterinnen und Landbewohner unversöhnlich gegenüberstehen. Wie eine neue Studie zeigt, sieht eine Mehrheit der Bevölkerung entweder gar keinen Graben oder steht auf keiner der beiden Seiten. Es sind jene Menschen, deren Stimmen im Lärm der politischen und medialen Debatte oft ungehört bleiben – weil sie weder schreien noch zurückschreien.
Doch nur weil man sie weniger gut wahrnimmt, ist diese Zwischen-Schweiz nicht etwa bedeutungslos. Im Gegenteil, sie bildet einen Ausgleich zwischen den Polen. Ihr Wert ist daher gross. Und er dürfte weiter steigen. Denn seit 2020 – auch dies zeigt die Studie – driften Stadt und Land weiter auseinander. Die SVP hat dies erkannt und fährt seit diesem Sommer eine Kampagne gegen die «Luxussozialisten» in den Städten.
Die Städte verkommen immer mehr zu linksgrünen Biotopen.
Mit Recht kann man der SVP vorwerfen, sie befeuere damit die Spaltung der Gesellschaft. Nur bildet das nur die eine Seite der Realität ab. Die andere ist: Auch die linke Seite reisst Gräben auf. In grossen Städten wie Zürich diktiert eine zunehmend radikale Linke den gesellschaftlichen und politischen Diskurs. Sie bewirkt damit zweierlei. Zum einen zieht sie weitere Gleichgesinnte an, zum anderen vertreibt sie die letzten Bürgerlichen aus ihrem Revier.
Die Städte verkommen so immer mehr zu linksgrünen Biotopen, die sich vom Umland abschotten – der perfekte Nährboden für die Entwicklung radikaler Projekte, etwa autofreie Städte oder Klimaziele wie netto null bis 2030. Dass solche Pläne die Menschen auf dem Land aufschrecken, ist nachvollziehbar. Zumal linksgrüne Ideen oft so daherkommen, als seien sie bürgerlichen Entwürfen moralisch überlegen.
Die radikalen Kräfte – und das ist die schlechte Nachricht – dürften sich in nächster Zeit kaum mässigen, weder auf der linken noch auf der rechten Seite. Die Zwischen-Schweiz steht vor einer Bewährungsprobe.
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Kommentar zum Stadt-Land-Graben – Es ist zu einfach, der SVP die Schuld zu geben
Nicht nur rechte Kräfte, auch linke Kreise tragen ihren Teil zur gesellschaftlichen Spaltung in der Schweiz bei.