«Es ist unglaublich, eigentlich unmöglich»
Roberto Mancini ist nebst dem schwer erkauften Glück der grosse Baumeister des Erfolgs bei Manchester City – Stunden vor der grossen Entscheidung suchte der Italiener nach göttlichem Beistand.
Die letzten Sekunden im Stadion von Manchester City waren an Dramatik nicht zu überbieten: Roberto Mancini traute seinen Augen nicht, als seine Mannschaft in der Nachspielzeit gegen die Queens Park Rangers tatsächlich noch zwei Tore schoss und mit einem 3:2-Sieg den Titel sicherte. Zur gleichen Zeit hatte die United ihrerseits schon ansatzweise die Meisterschaft gefeiert, aber musste dann trotz des 1:0 in Sunderland wegen der um acht Treffer schlechteren Tordifferenz dem Erzrivalen das Feiern überlassen. Mancini wirbelte nach dem Schlusspfiff wie von der Tarantel gestochen auf dem Platz umher und schüttelte alles was ihm in den Weg kam. «Was hier passiert ist, ist einfach unblaublich, ja eigentlich unmöglich», so der Trainer.
Für die Anhänger von Manchester City war es erst der dritte Meistertitel in der Vereinsgeschichte, der erste Meisterschaft seit 1968: «Nach diesen 44 Jahren widmen ich den Titel den Fans», sagte Mancini ohne seine Familie zu vergessen. Flankiert von den Eltern und seiner Frau liess er sich mit dem Pokal auf dem Rasen ablichten. Seine grösste Wertschätzung galt aber dem himmlischen Beistand. Als streng gläubiger Katholik machte sich Mancini frühmorgens vor dem grossen Spiel auf, um dem Fussballgott auf seine Seite zu bringen. Um 7.30 Uhr besuchte Mancini in Begleitung von zwei Spielern eine Kirche in der Stadt und nahm an der Messe teil. «Als die Messe zu Ende war, betete er noch eine Viertelstunde alleine», sagte Priester Ray Matus in «The Sun». Vor der Kirche warteten bereits die Fans, um von Mancini ein Autogramm zu ergattern.
Start in eine goldene Zukunft
Zwölf Stunden später tauchten die Anhänger die Stadt in ein hellblaues Fahnenmeer, viele noch ungläubig ob des glücklichen Sieges. Erst die Tore von Edin Dzeko in der 92. und Sergio Aguero in der 94. Minute machten das Fussballmärchen für die Citiziens perfekt. Aguero wurde erst im letzten Sommer für 45 Millionen Euro von Atletico Madrid geholt und lieferte mit dem meisterschaftsentscheidenden Tor ein schlagendes Argument für die hohe Ablösesumme. «Ich kann das alles selbst noch nicht glauben. Der Titel war ja schon verloren», so der Argentinier. Laut Aguero könnte der Gewinn der Premier League der Start in eine goldenen Zukunft für Manchester City gewesen sein. «Hoffentlich ist das der Beginn von etwas Grossem», meinte der Schwiegersohn von Diego Maradona. Agueros Optimismus basiert auf der finanziellen Potenz der Eigentümer. Der Clubchef, Scheich Mansour Bin Zayed Al Nayhan, pumpte als Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi seit der Übernahme des Vereins im August 2008 über 1,2 Milliarden Franken.
Davor bestenfalls Mittelständler in der Premier League, stieg City plötzlich zum reichsten Verein Europas auf. Für Kicker wie Aguero, Dzeko, Carlos Tevez, David Silva, Yaya Toure oder Samir Nasri wurde tief in die Tasche gegriffen, erster Lohn war der Sieg im FA-Cup-Finale 2011. Mit einer derartigen Spendierfreudigkeit könnte es aber bald wieder vorbei sein - notgedrungen. Wegen des von der Uefa vorgeschriebenen Financial Fair Play darf ein Club ab 2013/14 nicht viel mehr ausgeben, als er einnimmt. City jedoch produzierte allein in der Saison 2010/11 ein Minus von 197 Millionen Pfund (245 Millionen Euro). Während die Scheichs für den Fehlbetrag von City geradestehen, ist die finanzielle Situation bei United seit der Übernahme durch die Glazers angespannt. Der US-Amerikaner übertrug die Schulden für den Kauf des Rekordmeisters auf den Verein, der dadurch auf dem Transfermarkt weit weniger Handlungsspielraum hat.
Ferguson gratuliert dem Stadtrivalen
Coach Alex Ferguson zeigte sich dennoch optimistisch, dass seine Mannschaft auch in Zukunft mit dem Stadtrivalen mithalten kann. «Wir haben viele junge Spieler, die eine exzellente Saison gespielt haben. Sie haben aus dieser letzten Runde viel gelernt. Die Erfahrung ist wichtig für sie, auch wenn sie negativ war.» Dem Stadtrivalen sprach der Schotte seine Glückwünsche aus. «Es ist ein fantastischer Erfolg, die Premier League zu gewinnen, weil sie die härteste Liga der Welt ist. Jeder, der das schafft, hat es verdient.» Zwischen seinen Gratulationen schimmerte allerdings auch der Schmerz über den verpassten Titel durch. «Wir müssen uns keine Sorgen machen. City wird 100 Jahre brauchen, um so eine Geschichte wie wir zu haben», beteuerte Ferguson nach der knappsten Titelentscheidung in England seit der Saison 1988/89. Damals hatte Arsenal nur aufgrund der höheren Anzahl von geschossenen Toren die Nase vor Liverpool.
Dass es nichts mit dem 20. Meistertitel des Rekordchampions wurde, haben sich die Red Devils auch selbst zuzuschreiben. Sechs Runden vor Schluss betrug der Vorsprung auf City noch acht Punkte, Mancini gratulierte bereits zum Titel. Dann aber verspielte United den ersten Platz durch ein 0:1 in Wigan, ein 4:4 daheim gegen Everton und ein 0:1 im direkten Duell mit dem grossen Rivalen. (sr/apa)
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