«Es ist immer Zeit für US-Aktien»
Wenige Fondsmanager verfügen über so viel Erfahrung wie John Carey, der den US-Pioneer-Aktienfonds seit 20 Jahren führt. Der Immobilienkrise begegnet er mit Besonnenheit.

Konnten Sie Ihre Hypothekarzinsen regelmässig bezahlen? Ich persönlich? Ich habe keine Hypotheken und keine Schulden. Längst nicht alle Amerikaner haben Schulden, sondern leben sparsam und selbstgenügsam. Auch die meisten Banken sind solide finanziert. Es ist nicht so, dass in den USA die meisten Leute Hab und Gut verloren haben und obdachlos sind. Probleme gibts in Florida, Kalifornien, Ohio – halt da, wo es vorher viel Immobilienspekulation gab.
Immerhin muss die US-Regierung bis zu 200 Milliarden Dollar in Fannie Mae und Freddie Mac einschiessen… Die Firmen haben sich unseriös verhalten. Sie haben beide Parteien mit Wahlkampfspenden unterstützt und wurden dafür von der Regierung gehätschelt. Weil sie von der Regierung unterstützt wurden, dachten halt viele US-Bürger, dass die Obligationen garantiert seien. Darum muss sie nun einspringen. Dennoch werden Obligationäre und Publikumsaktionäre einen grossen Teil ihres Vermögens verlieren.
Gibt es in wirtschaftspolitischer Hinsicht grosse Unterschiede zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten Obama und McCain? Die US-Gesetzgebung wird von Kompromissen geprägt. Sogar wenn eine Partei die Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat erreichen würde – was ich allerdings nicht glaube -, ist die Aussicht auf weit reichende gesetzgeberische Impulse und Reformen limitiert. Der Unterschied zwischen den Präsidentschaftskandidaten liegt darum nicht so sehr in der Gesetzgebung, sondern wie die Gesetze in den Behörden durchgesetzt werden. Je nachdem, wie der Präsident die Chefposten besetzt, kann die Entwicklung ganz unterschiedliche Richtungen nehmen.
Hat die gegenwärtige Krise die USA verändert? Man hat erkannt, dass es nationale Interessen gibt, die man nicht genug beachtet hat. Die Suche nach einem neuen Gleichgewicht hat begonnen. Missstände wurden publiziert. Es gab auch in der Finanzindustrie Missbräuche, die geahndet werden. Zurzeit machen wir wichtige Schritte, um die Krise hinter uns zu bringen.
Ist das Schlimmste durchgestanden? Es wird in den nächsten sechs bis zwölf Monaten noch mehr Konkurse geben, die Hauspreise werden noch etwas fallen und die Pfändungen noch etwas zunehmen. Aber damit rechnet man an den Finanzmärkten. Das steckt schon in den Prognosen. Langsam fühlen sich die Anleger sicherer, um wieder an die Märkte zurückzukehren. Darum gab es in den letzten Monaten bereits eine Erholung, sogar in den Finanzaktien.
Was müsste geschehen, damit Sie für den US Pioneer Fund Bankaktien kaufen? Dazu müssten die Zahl von gefährdeten Krediten und Hauspfändungen zurückgehen und die Hauspreise in den Schlüsselmärkten etwas anziehen. Die Zinsen für Sparguthaben sind tief, aber die Hypothekarzinsen sind hoch geblieben. Banken, die gute Kunden finden, können jetzt interessante Zinsmargen erwirtschaften.
Pioneer legt Wert auf Qualitätsaktien. Was ist darunter zu verstehen? Die Qualität messen wir an der Eigenkapitalrendite und der Rendite auf dem Gesamtvermögen eines Unternehmens, die es auf beständige Art über lange Frist erzielen kann. Unsere Unternehmen müssen über drei und fünf Jahre die bessere Rendite erwirtschaften als der Durchschnitt der Unternehmen im S&P500. Ferner bevorzugen Unternehmen mit einer geringen Verschuldung. Und Unternehmen, die eine Dividende bezahlen oder sie regelmässig erhöhen, scheinen besser geführt zu werden und ein besseres Verständnis für die Aktionäre zu haben.
Was wird den nächsten Börsenzyklus bestimmen? Das Gewinnwachstum, das wir im letzten Zyklus erlebt haben, bestand zu einem grossen Teil aus Ausnahmegewinnen von Geschäftsbereichen von Banken – Gewinne, die nicht mehr existieren. Das wird sich auf das Gewinnwachstum auswirken. Andere profitierten vom schwachen Dollar. Auch da muss man die Erwartungen anpassen. Pioneer rechnet nicht mehr mit 10 bis 15 Prozent Gewinnwachstum pro Jahr, sondern mit 5 bis 7 Prozent.
Ich höre immer nur Wachstum. Setzen Sie denn nun auf Value oder Wachstum? Wir haben unsere Value-Kriterien wie die erwähnten Ratios oder die Dividenden-Historie. Aber wir schauen nicht nur auf solche Ratios, wie dies die klassischen Value-Investoren tun. Wir suchen Unternehmen, deren künftiges Gewinnpotenzial vom Markt nicht erkannt wird und die deshalb unterbewertet sind. Das ist ein dynamischer Value-Ansatz, kein statischer. Mit diesem Vorgehen kommen wir auch an Wachstumsunternehmen heran, weshalb der U. S. Pioneer in den Style-Kategorien von Morningstar unter den gemischten Fonds aufgeführt wird.
Glauben Sie, dass jetzt der Zeitpunkt für US-Aktien gekommen ist? Es ist immer Zeit für US-Aktien. Die USA haben eine starke und widerstandsfähige Volkswirtschaft. Schauen Sie nur die Zahl der Patente an. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sind so hoch wie nie. Den Amerikanern liegt das Geschäftemachen im Blut. Es wird noch einige Zeit dauern, aber danach spielen US-Aktien wieder auf der Hauptbühne.
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