«Es gibt keine Regeln»
Er brachte die Grossbank Société Générale an den Rand des Ruins. Nun hat der französische Börsenspekulant Jérôme Kerviel ein Buch publiziert – mit brisantem Insiderwissen.
Vor dem Prozess, der am 8. Juni beginnt, ist der französische Ex-Börsenhändler an die Öffentlichkeit getreten, um in mehreren Interviews seine Sicht der Dinge darzulegen. Wie das «Journal du Dimanche», der «Figaro» und weitere Medien berichten, stellt Kerviel im Buch «Das Räderwerk – Erinnerungen eines Händlers» auf rund 270 Seiten dar, wie er und seine Kollegen seinerzeit bei der Société Générale arbeiteten – und wie das Geschäft mit den Spekulationen kontrolliert wurde.
Nämlich so gut wie gar nicht. «Es gibt keine Regeln», erklärte Kerviel in einem TV-Interview mit Reuters, «die einzige Regel, die an Märkten existiert, ist, soviel Geld zu machen wie möglich.» Seine Chefs bei der Pariser Grossbank hätten allesamt von seinen Aktivitäten gewusst, behauptet Kerviel, «ich handelte mit dem schweigenden Einverständnis meiner Vorgesetzten, deren einziges Ziel es war, soviel Geld wie möglich in die Bank zu bringen».
Vorgaben – und wie man sie umgeht
Laut Kerviel hatte jeder Händler, der auf die Entwicklung von Aktienindizes wie dem deutschen Dax spekulierte, ein Limit. Allerdings galt diese Begrenzung für das gesamte Team, in dem er tätig war. «Es gab ein Kollektivlimit von 125 Millionen Euro, das wir nicht überschreiten sollten», erzählte er den Journalisten, «wir waren regelmässig, fast immer, über diesem Limit und es gab nie auch nur die kleinste Sanktion.»
Wohin also mit dem schwarzen Peter? In dem Interview gibt Kerviel zwar den reuigen Sünder, doch ihm ist offenkundig klar, dass er wohl hinter Gitter muss. Das sei offensichtlich keine Perspektive, die ihn mit Freude erfülle, sagte er, und er werde kämpfen, damit das nicht geschehe. Doch eines seiner wichtigsten Ziele sei, seinen Namen reinzuwaschen, der von der Bank besudelt worden sei.
Andeutungen über krumme Geschäfte
Die Grossbank hatte nach der Affäre, die 2008 aufgeflogen war, behauptet, dass ihr Händler allein gehandelt habe. Kerviel hatte nach Milliardengewinnen im Jahr 2007 Verluste geschrieben und dann versucht, sie mit immer höheren Einsätzen wettzumachen. Am Ende schloss die Bank seine offenen Positionen – und verbuchte insgesamt einen Verlust von rund 4,9 Milliarden Euro.
Dass die Finanzkrise, die sich allmählich ihrem Ende zuneigt, dazu beiträgt, die zweifelhaften Praktiken in Banken zu beenden, glaubt Kerviel nicht. «Die Krise hat das Fehlverhalten in diesem Bereich bei gewissen Banken offengelegt», sagte er in dem TV-Interview, «und wir sind weit davon entfernt, alles zu wissen, was dort vorgeht.»
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